Im Juli hatten die Statistiker noch einen Anstieg der Verbraucherpreise um 2,3 Prozent verzeichnet nach 2,2 Prozent im Juni und 2,4 Prozent im Mai. Im August waren die Preise insgesamt 0,1 Prozent niedriger als im Juli. Die Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel ging um 0,1 Punkte auf 2,8 Prozent zurück.
Bei den für europäische Vergleichszwecke ermittelten Preisdaten (HVPI) ging die Teuerung ebenfalls deutlich zurück. Hier betrug die Jahresrate 2,0 Prozent.
Ökonomen hatten bereits mit einem Trend zu stabilen Preisen im Sommer gerechnet. So erwartet das Münchner Ifo-Institut für die kommenden Monate eine Inflationsrate unter zwei Prozent in Deutschland. Basis ist eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage unter Unternehmen zu ihren Preisplänen.
Konsum der Verbraucher springt nicht an
Die Inflation lastet bislang auf der Kauflaune der Verbraucher. Trotz gestiegener Löhne halten viele Menschen ihr Geld weiter zusammen. Im zweiten Quartal gab der private Konsum nach Angaben des Statistischen Bundesamts um 0,2 Prozent zum Vorquartal nach. Zudem trübte sich im August die Stimmung der Verbraucher ein, wie die Konsumklimastudie der Nürnberger Institute GfK und NIM zeigt. Die Erwartungen zu Einkommen und Konjunktur sind demnach gefallen, genauso wie die Anschaffungsneigung - die Sparneigung ist dagegen gestiegen.
Auf längere Sicht ist die Kaufkraft der Verbraucher während der Inflationswelle gesunken. Zwar wuchs das mittlere Haushaltseinkommen nach Angaben des Statistischen Bundesamts von 2022 auf 2023 um 5,1 Prozent - die Teuerungsrate lag aber bei 5,9 Prozent. Die Inflation hatte sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang 2022 rasant beschleunigt, weil vor allem Energie viel teurer wurde.
Doch Deutschlands Arbeitnehmer haben die Kaufkraftverluste aus den Hochinflationszeiten zunehmend wettgemacht. Im zweiten Quartal übertrafen die Steigerungen der Bruttolöhne das fünfte Mal in Folge die Entwicklung der Verbraucherpreise. Die Reallohnsteigerung für das zweite Quartal beziffert das Statistische Bundesamt auf 3,1 Prozent.
Angesichts der kräftigen Gehaltszuwächse bleibt der private Konsum die wichtigste Hoffnung für die deutsche Wirtschaft, die im zweiten Quartal um 0,1 Prozent schrumpfte. Für die zweite Jahreshälfte erwarten Ökonomen nur wenig Besserung. Die Deutsche Bundesbank erwartet für das laufende Jahr nur ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent.
Inflationswelle hat Spuren hinterlassen
Zwar sind die extrem hohen Inflationsraten der vergangenen beiden Jahre Geschichte. Im Jahresschnitt erwarteten führende Wirtschaftsforschungsinstitute eine deutliche Abschwächung der Inflation in Deutschland auf 2,3 Prozent - nach 5,9 Prozent 2023.
Doch Verbraucher spüren beim Einkaufen oder im Restaurant die kräftig gestiegenen Preise. Nahrungsmittel haben sich in den vergangenen Jahren im Schnitt um mehr als 30 Prozent verteuert, ergab eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts für den Zeitraum von Januar 2020 bis Mai 2024.
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale ist sogar der Meinung, dass die Lebensmittelpreise einer Blackbox glichen, wie es die Verbandschefin Ramona Pop sagt. Sie verlangt eine neuartige Beobachtungsstelle bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vor, die Preise und Kosten von Lebensmitteln auf den jeweiligen Herstellungs- und Handelsstufen analysieren soll.
Sinkende Inflation gibt EZB Spielraum
Sollte die Inflation im Jahresverlauf in Deutschland und im Euroraum insgesamt sinken, gäbe das der Europäischen Zentralbank Spielraum für Leitzinssenkungen. Sie hat im Juni erstmals seit der Inflationswelle die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Im Juli hielt die EZB die Leitzinsen stabil und liess die Tür für eine Zinssenkung bei der Ratssitzung am 12. September offen. An den Finanzmärkten wird im September mit einer Zinssenkung der EZB gerechnet. Allerdings hielt sich auch im Euroraum die Inflation hartnäckig: Im Juli stieg die Rate leicht auf 2,6 Prozent.
Grundsätzlich sieht die EZB bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent Preisstabilität gewahrt. Geringere Raten oder gar sinkende Verbraucherpreise (Deflation) bergen die Gefahr, dass Unternehmen wie Konsumenten ihre Investitionen und Anschaffungen verschieben, weil sie noch niedrigere Preise erwarten. Das hätte negative Folgen für das Wirtschaftswachstum./als/ceb/DP/jkr
(AWP)