Das zeitweise schwächelnde Öko-Geschäft könnte so ziemlich schnell wieder Tritt fassen. «Für 2024 kann mit wachsenden Umsätzen gerechnet werden», heisst es in dem Marktbericht zum Jahreswechsel. Denn alle grossen Ketten des Lebensmitteleinzelhandels profilierten sich mit Öko-Sortimenten. Im Jahr 2022 hatte der erfolgsgewohnte Bio-Markt in Deutschland ein Minus verbucht. Der Umsatz sank laut Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft um 3,5 Prozent auf 15,3 Milliarden Euro.

Auf eine schnellere Ausdehnung der Bio-Landwirtschaft setzt auch die Politik - und dafür kommt es auf eine weiter wachsende Nachfrage an. Erklärtes Ziel der Koalition ist es, den Bio-Anteil schon bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten Agrarfläche auszuweiten. Zuletzt war er weiter gestiegen - aber nur leicht auf 11,2 Prozent mit Stand Ende 2022. Bio arbeiten nun 14,2 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe.

Im Blick steht dabei auch, wie robust sich Bio als Geschäftsmodell erweist. Im ersten Jahr der Corona-Pandemie 2020, in dem viele zu Hause kochten, war der Umsatz um 22 Prozent auf 15 Milliarden Euro hochgeschnellt und wuchs 2021 noch weiter auf 15,9 Milliarden Euro. Im Jahr 2022 kam dann ein ungewohnter Rückschlag. Trotz der Rückkehr vieler Menschen in Restaurants und Kantinen, in denen es meist kein Bio-Angebot gibt, habe Bio den Umsatz aber noch «weitgehend» halten können, erläuterte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Von einer Kaufzurückhaltung bei teureren Lebensmitteln in der hohen Inflation waren aber auch Bio-Produkte berührt, die meist etwas mehr kosten - mit einem starken Trend hin zum Kauf im Supermarkt, während Fachgeschäfte das Nachsehen hatten. «Öko-Umsatzgewinner» seien wieder die Discounter gewesen, heisst es im Bericht des Bauernverbands. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren berichtete kürzlich aber, dass die anfangs gesunkene Nachfrage im zweiten Halbjahr 2023 gestiegen sei. Seit Juni gebe es durchweg höhere Umsatzzahlen als im Vorjahresmonat.

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat eine Strategie seines Ressorts vorgelegt, die den Bio-Absatz ankurbeln soll. Im Blick steht etwa verstärkte Bio-Forschung, um Erträge des ökologischen Landbaus zu steigern. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen auch genauer über Bio-Vorteile für den Umwelt- und Tierschutz informiert werden.

Ein Hebel sollen mehr Bio-Speisen in Kantinen, Mensen und Restaurants sein. Damit man auf einen Blick sehen kann, wie «bio» eine Küche ist, können Anbieter freiwillig ein rundes Logo in den Medaillenfarben nutzen und so auch für sich werben. Es zeigt den Bio-Anteil gemessen am Geldwert des gesamten Wareneinkaufs. Für Gold müssen es 90 bis 100 Prozent bio sein, für Silber 50 bis 89 Prozent und für Bronze 20 bis 49 Prozent. Die Logos können laut Ministerium angebracht werden, wenn Betriebe zertifiziert sind - die eigene Kantine in Bonn und die des Arbeitsministeriums in Berlin hätten auch schon ein Logo in Bronze.

Für mehr Bio kommt es ausserdem darauf an, dass mehr Höfe mitmachen. Dabei betonte Özdemir schon bei der Vorlage seiner Strategie Mitte November: «Niemand muss auf Bio umsteigen.» Es sei eine Option. Die Stimmung in der gesamten Branche ist aber auf einem Tiefpunkt, seit Pläne der Regierungskoalition bekannt wurden, gleich zwei Vergünstigungen zu streichen, um zu sparen: die Regelungen zu Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge. Özdemir ging dazu auf Distanz. Der Bauernverband warnt aber im Marktbericht, die gedämpften wirtschaftlichen Aussichten drohten sich so zusätzlich zu verschlechtern. Auch von Bio-Produzenten kamen scharfe Proteste./sam/DP/mis

(AWP)