Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell kündigte am Mittwoch am Rande eines Treffens der Aussen- und Verteidigungsminister im spanischen Toledo Gespräche auf EU-Ebene zum Thema an. Man werde über die Zweckmässigkeit eines Rechtsrahmens für Sanktionen gegen die Putschisten reden, erklärte er.
Unklar ist vor allem, wie sich eine Sanktionsentscheidung auf die Zusammenarbeit mit dem Niger auswirken würde. Das Land mit rund 26 Millionen Einwohnern war bislang ein wichtiger Partner der EU im Kampf gegen islamistischen Terrorismus und illegale Migration. Zudem sind zahlreiche Soldatinnen und Soldaten aus EU-Staaten im Niger stationiert. Deutschland unterhält so noch immer einen militärischen Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey, über den derzeit der Abzug der Bundeswehr aus dem westafrikanischen Mali läuft.
Der Stützpunkt solle weiterhin eine Rolle spielen, sagte Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller am Mittwoch in Toledo. Rund 100 deutsche Soldaten seien dort weiterhin vor Ort. Über die Sanktionsdebatte äusserte sich Möller allerdings dennoch positiv. Es gehe darum, Druck aufzubauen, damit die demokratisch legitimierte Regierung wieder eingesetzt werde, sagte die SPD-Politikerin, die in Vertretung von Verteidigungsminister Boris Pistorius an dem EU-Treffen teilnahm.
Im Niger hatten im Juli Offiziere der Präsidialgarde Staatschef Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich daraufhin selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme als De-Facto-Präsident setzten die Putschisten die Verfassung ausser Kraft und lösten alle verfassungsmässigen Institutionen auf.
EU-Sanktionen gegen die Putschisten müssten einstimmig von allen EU-Staaten beschlossen werden. Sie würden den EU-Angaben zufolge EU-Einreiseverbote umfassen. Zudem müssten in der EU vorhandene Vermögenswerte der Betroffenen eingefroren werden. Bereits kurz nach dem Putsch hatte die EU mitgeteilt, alle bisherigen EU-Unterstützungszahlungen für den Niger vorerst auf Eis zu legen.
Dass die anderen EU-Staaten den deutsch-französischen Verstoss für EU-Sanktionen unterstützen, gilt als sehr wahrscheinlich - vor allem, wenn am Ende sichergestellt wird, dass humanitäre Hilfe weiter möglich bleibt. Grund dafür ist auch, dass der neue Militärmachthaber Tiani zuletzt angekündigt hatte, eine Übergangsregierung einzusetzen, die bis zu drei Jahre im Amt bleiben soll. Die EU und auch andere afrikanische Staaten fordern eigentlich eine Wiedereinsetzung der Verfassung und des entmachteten und unter Hausarrest stehenden Präsidenten.
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte in der vergangenen Woche, was im Niger passiere, betreffe alle demokratischen Länder auf der Welt. Schaue man einfach weg, wenn in einem Nachbarland oder auf einem anderen Kontinent eine demokratisch gewählte Regierung weggeputscht werde, dann drohe ein solcher Regelbruch auch in anderen Regionen der Welt./aha/DP/mis
(AWP)