Eigentlich kann sich ein Arbeitgeber mit Vorsorgeplänen für seine Kadermitglieder und Spezialisten gegenüber der Konkurrenz profilieren. Solche individuelle Lösungen sind seit über einem Dutzend Jahren möglich. Aber genutzt werden die sogenannten 1e-Pläne nur zögerlich. Benannt nach dem entsprechenden Artikel in der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2), sind diese für Unternehmen wie für Versicherte attraktiven Vorsorgelösungen erst jüngst in den Vordergrund gerückt.

Der Grund: Dank einer Änderung in den Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes müssen die Pensionskassen ihren Versicherten im Austrittsfall keine Mindestgarantien mehr gewähren. Erst seit dieser kostenlose Kapitalschutz für die Mitglieder in den 1e-Plänen entfällt, sind die Vorsorgeeinrichtungen und Lebensversicherer mit neuen Sparplänen aktiv geworden.

Verschiedene Umfragen zeigen, dass individuelle Vorsorgemodelle für Arbeitnehmer mit einem höheren Lohn durchaus einem Bedürfnis entsprechen. Weil viele Unternehmen nur einen Teil der Lohnsumme versichern, führt dies bei Angestellten mit höherem Einkommen zu einer Vorsorgelücke. Sie können ihr Spar- und Einkaufspotenzial nicht vollständig ausschöpfen.

PKs zeigen vermehrt Interesse

Mit der Einführung von 1e-Plänen erhalten die Kaderleute und Spezialisten mehr Mitsprache bei ihren Lohnteilen über 126'900 Franken. Das entspricht dem anderthalbfachen oberen Grenzbetrag von 84'600 Franken, wie er derzeit für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge gilt. In den Vorsorgeeinrichtungen stehen derartige Lösungen auch vermehrt zur Debatte. Studien von der Credit Suisse und dem Beratungsunternehmen Aon haben ergeben, dass rund 13 Prozent der befragten Pensionskassen die Einführung von 1e-Plänen erwägen.

Klar ist aus der Sicht eines Unternehmens: Mit der Umsetzung von Vorsorgeplänen für Kaderleute und Spezialisten erhöht sich die Komplexität in der zweiten Säule. Bei den 1e-Plänen müssen die entsprechenden Lohnanteile in einer separaten Rechtseinheit verwaltet werden. Notwendig sind zwei getrennte Stiftungen. In der ersten werden Löhne im Obligatorium und Überobligatorium bis zu 126'900 Franken abgedeckt, in der zweiten die ausserobligatorische Vorsorge für Löhne oberhalb dieser Grenze. Für diese zusätzliche Kasse kann man eine neue Stiftung gründen oder sich einer Sammelstiftung anschliessen. 

Anlagerisiko beim Versicherten

Bei den 1e-Vorsorgeplänen kann der Versicherte je nach Alter und Risikobereitschaft die Anlagestrategie selbständig wählen und periodisch anpassen. Mit den erweiterten Wahlmöglichkeiten geht aber gleichzeitig das Anlagerisiko vollständig auf den Versicherten über. Gemäss der Verordnung BVV 2 darf eine Pensionskasse bis zu zehn Anlagestrategien pro Vorsorgewerk zur Wahl anbieten, darunter mindestens eine risikoarme Variante. Der Aktienanteil darf 50 Prozent nicht übersteigen. Damit stellt der Gesetzgeber sicher, dass nicht zu hohe Investitionsrisiken eingegangen werden.

Im Vergleich zum gesamten Geschäft mit der beruflichen Vorsorge nimmt sich der Anteil an 1e-Vorsorgeplänen derzeit noch bescheiden aus. Gestützt auf Zahlen der Oberaufsichtskommission entfallen knapp 4 Milliarden Franken oder rund 0,5 Prozent des Kapitals in der zweiten Säule auf solche Kaderlösungen. Es besteht aber beträchtliches Wachstumspotenzial. Ausgehend von der Einkommensverteilung gemäss Schweizerischer Arbeitskräfteerhebung (Sake) lässt sich ableiten, dass momentan rund 10 Prozent der Erwerbstätigen ein Einkommen von mehr als 126 900 Franken erreichen. Entsprechend schätzt die Credit Suisse das Potenzial für 1e-Vorsorgepläne derzeit auf etwa 50 Milliarden Franken.

Solidarität in Gefahr

Der Trend zu einer stärkeren Individualisierung in der beruflichen Vorsorge wird von den Pensionskassenexperten unterschiedlich beurteilt. Die Befürworter verweisen darauf, dass die Versicherten in den 1e-Plänen das angesparte Geld mehr als ihr eigenes wahrnehmen würden. Aus der Sicht von Hanspeter Konrad, Direktor des Pensionskassenverbands Asip, darf man aber nicht zu fest an den Grundfesten der Kollektivität in der zweiten Säule rütteln.

Diese Entsolidarisierung wird auch von anderen Sozialversicherungsexperten als drohende Gefahr dargestellt. Plädiert wird anstelle dieser Kaderpläne auch für eine Erweiterung der Säule 3a. Damit gebe es Steuervorteile für alle, nicht nur für Arbeitgeberpläne oder hohe Einkommen, so das Argument.

Bilanz entlasten

Interessant sind die 1e-Pläne für die Arbeitgeber. Sie sind weniger in der Pflicht. Bei Grossfirmen mit internationalen Rechnungslegungsstandards wie IFRS oder US-GAAP wird über dieses Splitting im Vorsorgekapital die Bilanz entlastet. Die Vorsorgelösungen für Kaderleute und Spezialisten gelten als Beitragsprimatspläne («defined contribution plans»). Die Destinatäre beziehen das angesparte Guthaben bei Rentenantritt als Kapital. Vom Gesetz her ist dies nicht zwingend vorgeschrieben, es ist aber in der Praxis fast überall zu beobachten. Novartis konnte mit der Einführung einer separaten Kaderkasse 219 Millionen Franken an Vorsorgeverpflichtungen auflösen.

Für die Mitarbeitenden schaffen die 1e-Pläne eine klare Trennung zwischen dem obligatorischen und dem überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge. Das sichert eine maximale Transparenz. Dies im Gegensatz zu den umhüllenden Pensionskassen. Dort findet in vielen Fällen über unterschiedliche Umwandlungs- und Verzinsungssätze eine Quersubventionierung des BVG-Obligatoriums, mit einer vorgeschriebenen Mindestverzinsung, durch Gelder aus dem Überobligatorium statt. Die Umverteilung geschieht überwiegend zulasten der Versicherten mit hohen überobligatorischen Guthaben, also vor allem der Kader und Spezialisten in einem Unternehmen. 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der «Schweizer Versicherung» unter dem Titel «Extrakasse für die Extraklasse»