Zum Wesen des schweizerischen Steuersystems gehört die Progression. Mit steigendem steuerbarem Einkommen erhört sich überproportional die Steuerlast. Selbst in Kantonen mit einer "Flat Tax" - also einer linear ansteigenden prozentualen Steuerbelastung bei der Einkommenssteuer – gibt es wegen der separat erhobenen direkten Bundessteuer eine Progression.
Die Progression hat politische, soziale und historische Gründe. Der Gedanke ist seit langem, dass jene mit mehr Einkommen auch überproportional mehr finanziell zur Allgemeinheit beitragen sollen. Dies ist weitestgehend akzeptiert, allerdings auch deswegen, weil der Schweizer Staat gleichzeitig Optimierungen der Steuerbelastung zulässt.
Lohnerhöhung ist nicht gleich viel mehr Geld
Eine oft unterschätzte Kennzahl beim Optimieren der Steuern ist der Grenzsteuersatz. Dieser verdeutlicht, wie sich die Steuerbelastung verändert, wenn ein steuerbares Einkommen höher oder tiefer ausfällt. Anders formuliert: Von einer Lohnerhöhung um beispielsweise 1000 Franken haben unter dem Strich nicht alle gleich viel.
Angenommen, für ein steuerbares Einkommen von 80'000 Franken werden 9000 Franken Steuern bezahlt. Steigt das Einkommen auf 81'000 Franken, erhöht sich die Steuer auf 9280 Franken. Für eine Veränderung um 1000 Franken werden also 280 Franken mehr Steuern bezahlt: Der Grenzsteuersatz in diesem Falle ist 28 Prozent. Von zusätzlichen 1000 Franken Einkommen bleiben nur 720 Franken übrig.
Je höher ein Einkommen ist, desto mehr steigt der Grenzsteuersatz. Je nach Einkommen bleibt also von einer fixen Einkommenserhöhung immer weniger übrig, wie die Tabelle (mit fiktiven Zahlen) zeigt:
Steuerbares Einkommen | 50'000 | 80'000 | 120'000 |
Einkommenssteuer | 5000 | 9000 | 23'000 |
Steuersatz | 10 Prozent | 11,25 Prozent | 19,2 Prozent |
Steuerbares Einkommen +1000 | 51'000 | 81'000 | 121'000 |
Einkommenssteuer | 5150 | 9280 | 23'600 |
Steuersatz | 10,3 Prozent | 11,6 Prozent | 19,7 Prozent |
Steuerdifferenz | 150 | 280 | 600 |
Grenzsteuersatz | 15 Prozent | 28 Prozent | 60 Prozent |
Mehreinkommen nach Steuern | 850 | 720 | 400 |
Angaben in Franken / Darstellungen: cash.ch
Dank des Grenzsteuersatzes lässt sich also auch erahnen, wie eine Reduktion des steuerbaren Einkommens finanzielle Vorteile bringt. Dies geschieht durch Abzüge, zu denen beispielsweise auch eine jährliche Einzahlung in die dritte Säule gehört.
Zum Berechnen des Grenzsteuersatzes braucht es zuerst die aktuelle Einkommensteuer. Der Bund und die Kantone bieten online einen Steuerrechner an (für den Kanton Zürich beispielsweise hier, von der Eidgenössischen Steuerverwaltung hier). Indem man dann ein tieferes steuerbares Einkommen eingibt, erhält man einen neuen, tieferen Steuerbetrag.
Steuerbares Einkommen | 50'000 | 80'000 | 120'000 |
Einkommenssteuer | 5000 | 9000 | 23'000 |
Steuersatz | 10 Prozent | 11,25 Prozent | 19,2 Prozent |
Steuerbares Einkommen -2000 | 48'000 | 78'000 | 118'000 |
Einkommenssteuer | 4750 | 8600 | 22'000 |
Steuersatz | 9,9 Prozent | 11 Prozent | 18,3 Prozent |
Steuerdifferenz | 250 | 400 | 1000 |
Grenzsteuersatz | 12,5 Prozent | 20 Prozent | 50 Prozent |
Interessant ist dann die Differenz zwischen den beiden Beträgen. Diese wird durch die Differenz der beiden Einkommen geteilt - und voilà, man hat den Grenzsteuersatz. Bei sinkenden steuerbaren Einkommen verhält es sich genau umgekehrt zu den steigenden Einkommen: Hier ist es wünschenswert, auf einen möglichst hohen Grenzsteuersatz zu kommen. Denn dieser deutet an, welche Ersparnis möglich ist.
Dieser cash-Artikel erschien zuerst am 06. August 2020.