Beim Entscheid handle es sich um ein Leiturteil für alle Mitgliedsstaaten des Europarats, sagte Zünd am Freitagmorgen zu Radio SRF. Der Anstoss für das Leiturteil sei mit den Klimaseniorinnen einfach aus der Schweiz gekommen.
Massgebend für den Entscheid sei das Pariser Klimaabkommen gewesen, sagte der Schweizer EGMR-Richter. Die Inhalte seien Teil des hiesigen Rechts, weil das Abkommen von der Schweiz ratifiziert wurde. «Unserer Meinung nach erfüllt die Schweiz das Abkommen nicht», sagte Zünd.
Kein Eingriff in die Klimapolitik
Wie genau die Schweiz die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten soll, schreibe das Gericht nicht vor. «Die Mittel unterliegen der demokratischen Auseinandersetzung», sagte Zünd mit Bezug auf das Urteil. In den politischen Prozess greife der Gerichtshof nicht ein. Es liege nun in der Verantwortung der Schweiz, wie die Politik das Urteil umsetzen wolle.
Zünd reagierte damit auch auf die Kritik der SVP, Mitte und FDP, die nach dem Urteil aufkam, wonach Richter keine Klimapolitik betreiben sollen. Das Gericht verstehe die Schweizer Demokratie nicht, hiess es etwa von Seiten FDP. GLP, Grüne und SP sahen sich in ihren Forderungen bestätigt. Die SP deutete das Urteil als Ohrfeige für den Bundesrat.
Verzögerte Schäden
Auf die Frage, weshalb das Klima ein einklagbares Menschenrecht sei, antwortete Zünd: «Dabei haben wir uns an der Menschenrechtskonvention orientiert.» Zwei Artikel hätten einen Bezug zum Klimawandel zugelassen: Das Recht auf Leben und das Recht auf Privatsphäre. Zu Letzterem gehöre auch das körperliche Wohlbefinden, sagte Zünd.
Es zeichne sich ab, dass der Klimawandel Menschen in ihrem Wohlbefinden stark beeinträchtigen werde und bis zum Tod führen könne. «Der Klimawandel stellt eine neue Herausforderung dar, denn die Schäden treten nicht unmittelbar ein», sagte der Richter.
(AWP)