Trotz ständiger Rufe des US-Präsidenten Donald Trump nach Zinssenkungen dürfte die unabhängige Notenbank Fed die geldpolitischen Zügel nicht lockern. Für den am Mittwoch anstehenden Zinsentscheid stellen sich die Finanzmärkte darauf ein, dass der Schlüsselsatz in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent bleiben wird. Die Fed hat ihn dieses Jahr noch nicht angetastet, auch wenn sich die Währungshüter seit dem Amtsantritt von Donald Trump immer wieder mit Forderungen nach massiven Senkungen konfrontiert sehen. Die Zentralbank will zunächst abwarten, wie sich die Zollpolitik auf die Inflation und den Arbeitsmarkt auswirkt.
Auch wenn mittlerweile Handelsdeals mit Grossbritannien, Japan und der EU vorliegen, steht eine Übereinkunft mit China noch aus. Somit hat sich der Nebel an der Handelsfront noch nicht gelichtet - zumal auch bei den abgeschlossenen Vereinbarungen viele Details noch unklar sind. Zugleich betreibt Trump mit verbalen Attacken auf Fed-Chef Jerome Powell eine Art Zermürbung gegen den obersten Währungshüter der USA und hat sogar die Möglichkeit genannt, ihn zu feuern.
Nach US-Recht kann der Präsident den Fed-Chef jedoch nicht wegen eines Streits über die Zinspolitik entlassen. Als etwaiger Anlass gilt daher ein Streit über Kostenüberschreitungen bei der Renovierung der Fed-Zentrale in Washington. Bei einem kurzfristig anberaumten Besuch Trumps am Sitz der US-Notenbank ist es zum offenen Streit zwischen dem Präsidenten und dem Fed-Chef gekommen, dessen Amtszeit noch bis Mai 2026 läuft.
Vor dem Hintergrund dieser Spannungen zwischen der Notenbank und dem Weissem Haus kommt der Sitzung am Mittwoch besondere Brisanz zu. Zumal Trump die Erwartungen geäussert hat, dass Powell «das Richtige» tun werde. Kurz zuvor hatte der Präsident erklärt, er habe ein produktives Gespräch mit dem Notenbankchef über die Zinsen geführt.
Fed-Beobachter Brad Bernstein vom UBS Private Wealth Management geht trotz Trumps Drängelei davon aus, dass der Offenmarktausschuss der Notenbank (FOMC) den Leitzins nicht antasten wird. «Niemand erwartet das. Ungeachtet der Tatsache, dass zwei stimmberechtigte Mitglieder in den vergangenen Wochen ihre Meinung zu einer möglichen Kürzung in dieser Juli-Sitzung zum Ausdruck gebracht haben.» Dabei handelt es sich um die Fed-Direktoriumsmitglieder Michelle Bowman und Christopher Waller.
Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner erwartet, dass der Zinsentscheid dieses Mal wohl nicht einstimmig fallen wird: «Insgesamt dürfte Powell aber keine Probleme haben, eine komfortable Mehrheit im FOMC auf seine Linie zu bringen.» Auf der Sitzung im September könne die Fed die Zinsen dann senken: «Schliesslich liegen dann wohl viele der internationalen 'Deals' von Donald Trump vor, sodass die längerfristige Höhe der Zölle besser abzuschätzen sein dürfte.» Diese Klarheit habe Powell auch immer als eine Voraussetzung für eine Anpassung der Geldpolitik genannt.
Unabhängigkeit gefährdet
Die Unabhängigkeit der Fed sei angesichts des ständigen Dazwischenfunkens von Trump aktuell jedoch so stark gefährdet wie seit Jahrzehnten nicht, warnt Weidensteiner. Die Fed könnte seiner Ansicht nach den Zorn des Präsidenten erneut wecken, wenn sie die Leitzinsen nun erneut unverändert halte. Trump dringt auf deutlich niedrigere Zinsen, wobei er Senkungen von drei Prozentpunkten oder mehr ins Gespräch gebracht hat. Doch für ein Stillhalten der Fed gibt es aus Sicht des USA-Experten der Förderbank KfW, Stephan Bales, gute Gründe: «Die zuletzt wieder anziehende Inflation sowie der weiterhin robuste Arbeitsmarkt sprechen für ein abwartendes Vorgehen.»
Im Mittelpunkt stehe allerdings immer weniger die geldpolitische Entscheidung selbst, sondern zunehmend der politische Druck auf Powell. Trump mache schliesslich keinen Hehl daraus, dass er eine personelle Neuaufstellung an der Spitze der Notenbank wünsche: «Diese politische Einflussnahme wirft Schatten auf die geldpolitische Unabhängigkeit und dürfte die Unsicherheit über den Kurs der Fed in den kommenden Monaten erhöhen.»
(Reuters)