Denn trotz der deutlichen Annahme des Bundesgesetzes für eine sichere Stromversorgung durch die Stimmbevölkerung im Juni 2024 ist die Situation für den Umwelt- und Energieminister im Bereich sichere Energieversorgung «unbefriedigend».
«Die Schweiz hat mit dem Ausstieg aus der Kernenergie, mit dem Volksentscheid von 2017 entschieden, dass man die zusätzliche Energie mit Erneuerbaren, mit Wasser Wind und Solar herstellen will», sagte der Energieminister auf dem Gipfel des Moléson auf 2002 Metern über Meer zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Bei den erneuerbaren Energien - bei Wasserkraftanlagen, alpinen Solaranlagen und Windanlagen - komme man aber zu langsam voran. «Praktisch all diese Anlagen sind blockiert», so Rösti weiter. In der Schweiz gebe es zu wenig Winteranlagen, die Winterstrom produzierten. Hinzu kämen zu lange administrative Verfahren und Einsprachen, welche die Projekte erschwerten.
Ausbau der Erneuerbaren soll schneller voranschreiten
Daher seien die zwei Beschleunigungserlasse - bei beiden, einem für die Produktion und einem für die Netze, ist mittlerweile das Parlament am Zug - wichtig für eine zukünftige, sichere Energieversorgung.
Der Beschleunigungserlass für die Produktion sieht denn auch Gesetzesänderungen vor, um Bewilligungs- und Rechtsmittelverfahren für grosse Anlagen der erneuerbaren Energien zu straffen und die Planung für den Ausbau des Stromnetzes zu vereinfachen. Damit soll die Energiewende vorangetrieben werden.
Die Vorlage ist umstritten. Links-grüne Kreise drohen bereits seit Längerem mit dem Referendum. Sie kritisieren insbesondere die geplanten Einschnitte beim Verbandsbeschwerderecht für insgesamt 16 Wasserkraftprojekte.
«Ich habe hier kritisch reagiert. Das Beschwerderecht gehört zu unserem Staatssystem, zu unserem Land», sagte Rösti am Dienstag. Er wolle aber verhindern, dass ein ganzer Beschleunigungserlass «Schiffbruch» erleide - insbesondere mit Blick auf das drohende Referendum. Er hoffe, derjenige für die Produktion könne im Herbst verabschiedet werden, so der Bundesrat.
Auch Röstis Partei, die SVP, ist skeptisch. Sie befürwortet zwar den rascheren Ausbau der Wasserkraft, opponiert aber gegen Windparks, deren beschleunigter Ausbau ebenfalls Teil der Vorlage ist.
Er bekomme aber genug Unterstützung von seiner Partei, sagte Rösti zu Keystone-SDA: «Sie sind natürlich zurückhaltender, was die Windkraft betrifft, wegen des Landschaftsbildes». Die SVP unterstütze ihn aber in anderen Bereichen - so zum Beispiel beim Ausbau der Wasserkraft.
Verbot von Atomkraft soll gestrichen werden
Ein weiterer Pfeiler auf dem Weg zu einer sicheren Energieversorgung sind laut Rösti denn auch die für nach den Sommerferien erwartete bundesrätliche Botschaft zur sogenannten «Blackout-Initiative» und ein möglicher Gegenvorschlag.
«Ich hoffe, dass wir das Kernkraftverbot aus dem Kernenergiegesetz streichen werden», sagte der Energieminister. Es sei natürlich offen, ob es neue Kernkraftwerke in der Schweiz in den nächsten 10 bis 20 Jahren brauche. Aber, so Rösti: «Wir werden, um das Land mit genügend Strom versorgen zu können, alle Technologien brauchen.»
Damit würden die erneuerbaren Energien aber nicht in Frage gestellt. Langfristig wolle sich der Bundesrat die Option Kernkraft dennoch offenhalten.
Hitze in Städten als grösstes Risiko
Als weiteres strategisches Ziel seines Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) erwähnte Rösti einen «optimalen Ausgleich» beim Schutz der Biodiversität. Dabei führte Rösti die Ernährungssicherheit sowie Anpassungsmassnahmen an den Klimawandel - wie neue Züchtungstechnologien für die Stärkung der Hitzeresistenz von Nutzpflanzen - an.
Interessant sei, dass eine kürzlich veröffentlichte Studie des Bundesamts für Umwelt aufgezeigt habe, dass das grösste vom Klimawandel ausgehende Risiko in Zukunft nicht Ereignisse wie Bergstürze seien, sondern die Hitze in den Städten, sagte Rösti vor den Medien. Das zeige, dass man alle Gebiete in der Schweiz, die nicht in einer roten Zone lägen, weiterhin besiedeln könne.
Mit Bezug auf Naturkatastrophen wie den Bergsturz im Lötschental sagte der Bundesrat, dass «Anpassungsmassnahmen gerade in Berggebieten in Zukunft sehr wichtig werden». Einem Fonds oder einer gesetzlichen Grundlage für Hilfsgelder bei Naturkatastrophen in der Schweiz steht der Umweltminister aber weiterhin skeptisch gegenüber.
«Wir haben die nötigen Instrumente mit dem Wasserbau- und dem Waldgesetz, um den betroffenen Regionen Hilfeleistungen zu geben. Das haben wir gerade im Misox gesehen», sagte Rösti zu Keystone-SDA. Bei einem Fonds sehe er das Problem, dass man «Geld irgendwo parkieren müsste, welches man anderweitig unmittelbar brauchen kann».
Umsetzung von CO2-Gesetz laut Rösti «herausfordernd»
Zudem soll die Dekarbonisierung zum Erhalt der Biodiversität vorangetrieben werden. «Die Umsetzung des CO2-Gesetzes wird sehr herausfordernd, insbesondere für die Auto-Importeure», sagte Rösti. Auch für die MEM-Industrie werde es schwer.
Dabei ginge es nicht nur um Preise oder genügend Ladestationen für Elektroautos, sondern die Verfügbarkeit von genügend Strom. Eine Dekarbonisierung bis 2050 sei möglich - «wenn wir genügend Strom produzieren», so Rösti weiter.
Weiter formulierte Rösti denn auch optimal ausgebaute Infrastrukturen in der ganzen Schweiz als Ziel - vor allem mit Blick auf das Projekt «Verkehr 45», welches eine ausgebaute Verkehrsinfrastruktur bis 2045 anstrebt.
(AWP)