US-Präsident Donald Trump hat den Ton im Konflikt mit Venezuela in der Nacht auf Mittwoch verschärft. Auf der Plattform Truth Social liess er verlauten, Venezuela habe den USA «Öl, Land und andere Vermögenswerte» gestohlen, und er forderte die «SOFORTIGE» Rückgabe von Ölfeldern. Zudem liess er Öltanker blockieren.
Auf tiefem Niveau
Der Streit zwischen den USA und Venezuela blieb am Ölmarkt nicht folgenlos. Waren die Ölpreise am Dienstag noch auf den tiefsten Stand seit 2021 gefallen, stieg er für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent bis Mittwochmittag um gut 2 Prozent auf 60,15 US-Dollar. Die US-Sorte WTI kostete mit 56,50 Dollar über einen Dollar mehr.
Der Preisanstieg ist jedoch kein Vergleich mit den Entwicklungen im Zuge anderer Krisen. So war der WTI-Preis im Jahr 2022 im Zuge des Ukraine-Kriegs und als Folge von Transportengpässen auf historische Höchstwerte von über 128 Dollar pro Barrel geklettert.
Die Blockade vor Venezuela ziele auf einen Produzenten der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und sei zu beachten, hielt Swissquote-Börsenexpertin Ipek Ozkardeskaya fest. Zugleich sei das Exportvolumen Venezuelas mit knapp einer Million Barrel pro Tag allerdings nicht gross, wobei das meiste davon nach China gehe. Die USA kommen als weltgrösster Produzent auf rund 20 Millionen Fass, Saudi-Arabien und Russland auf je rund 11 Millionen.
Der Verlust der venezolanischen Lieferungen sei verkraftbar, und der jüngste Preisanstieg werde in dem von einem Überangebot geprägten Markt bald nachlassen, glaubt Ozkardeskaya. Davon geht auch Rohstoff-Analyst Warren Patterson von der ING Groep aus: «Investoren sollten kühlen Kopf bewahren.» Schliesslich seien mögliche Angebotsrisiken einkalkuliert und andere OPEC-Staaten könnten mit höheren Fördermengen einspringen.
Steigen nun die Benzinpreise?
Der Ölmarkt reagiere grundsätzlich sehr sensibel auf Krisen, in die ein ölexportierendes Land involviert sei, und dies könne zu steigenden Ölpreisen führen, schrieb der Schweizer Branchenverband der Importeure flüssiger Brenn- und Treibstoffe, Avenergy Suisse, auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.
Venezuela sei vor allem als Land mit den weltweit grössten Erdölreserven sehr wichtig für den Weltmarkt, erklärte der Avenergy-Sprecher weiter. Für die Schweizer Rohöl-Versorgung spiele das Land aber keine Rolle, da die Schweiz keine nennenswerten Mengen Öl aus Venezuela beziehe.
«Steigt oder sinkt der Rohölpreis hat das immer eine Auswirkung auf den Zapfsäulenpreis, da der Handel die Einkaufspreise weitergeben muss, um konkurrenzfähig zu bleiben», so der Sprecher. Zuletzt sei der Preis für Benzin Bleifrei 95 an Schweizer Tankstellen moderat gesunken. Prognosen zur weiteren Entwicklung machte der Verband nicht.
Auf Basis von Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) ist der Benzinpreis zuletzt im Mittel auf unter 1,70 Franken pro Liter gesunken. Damit liegt er deutlich unter den hohen Preisen aus dem Jahr 2022, als ein Liter Benzin Bleifrei 95 bis zu 2,30 Franken gekostet hatte.
Trump wirft Maduro Drogen-Terrorismus vor
Der Streit zwischen den USA und Venezuela reicht bis in die frühen 2000er-Jahre zurück. Damals hatte Venezuela Ölfelder verstaatlicht. Davon betroffen waren ausländische Firmen, darunter auch US-Firmen. Es folgte ein Streit über Entschädigungen.
Die Vorwürfe der USA gegen Venezuela wiegen schwer. Trump bezeichnete die Regierung des autoritär regierenden Nicolás Maduro als Terror-Organisation und verhängte eine Blockade gegen Öltanker, die in Venezuela ein- oder auslaufen. Zuvor hatten die USA bereits einen Tanker vor Venezuela beschlagnahmt.
Maduros Regierung finanziere sich mit Öl aus «gestohlenen Ölfeldern», so Trump. Zudem wirft er dem Land Drogen-Terrorismus, Menschenhandel, Mord und Entführungen vor. Maduro bezichtigt indes die USA, es im Konflikt vor allem auf Öl abgesehen zu haben und einen Machtwechsel in Caracas erzwingen zu wollen.
mk/to
(AWP)