Eine Beibehaltung des aktuellen Zinsniveaus lasse mehr Zeit, um die Auswirkungen der US-Zölle, der anhaltenden Unsicherheiten und anderer Risikofaktoren zu beurteilen, heisst es in den am Donnerstag veröffentlichten Protokollen der EZB-Ratssitzung vom September. Zwar sei das Umfeld unsicherer als sonst. Doch könne die mit den Handelsspannungen und geopolitischen Entwicklungen verbundene Unsicherheit auch eine Beibehaltung der Zinssätze rechtfertigen: «Insbesondere dürfte sich die aktuelle Lage irgendwann wesentlich ändern, doch ist derzeit schwer abzuschätzen, wann und in welche Richtung.»
Die Inflation in der Euro-Zone war im September erstmals seit April wieder über die EZB-Zielmarke von zwei Prozent gestiegen. Sie kletterte auf 2,2 Prozent, nachdem die Jahresteuerungsrate in den drei Vormonaten exakt bei 2,0 Prozent lag. EZB-Chefin Christine Lagarde erwartet eine längere Phase annähernder Preisstabilität im Euroraum, also Inflationsraten nahe dem Ziel der Zentralbank. Viele Anleger rechnen damit, dass die EZB nach zwei Zinspausen in Folge vorerst weiter stillhalten wird und damit auch auf der Ende des Monats anstehenden Sitzung.
Eine weitere Zinssenkung würde laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane das Inflationsziel zwar im Basisszenario und auch in verschiedenen Negativszenarien besser schützen. Sollten sich jedoch Aufwärtsrisiken ergeben, wäre eine Beibehaltung des aktuellen Leitzinsniveaus gerechtfertigt. «Angesichts dieser Konstellation sollte der EZB-Rat die Entwicklung der Risiken für die Inflationsaussichten und die Konjunktur weiterhin beobachten», heisst es in den Protokollen. Die EZB hatte von Juni 2024 bis Juni 2025 im Zuge einer nachlassenden Inflation die Zinsen insgesamt achtmal gesenkt - auf das aktuelle Niveau von 2,0 Prozent.
(Reuters)