Fast alle Marktteilnehmer tippen auf eine Verlängerung der Zinspause der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) bei den Sitzungen am 13. und 14. Dezember. Auch die Schweizerische Nationalbank fällt am 14. Dezember einen Zinsentscheid.

Es bleibt allerdings offen, ob die Zentralbankchefs in ihren Kommentaren die jüngsten Zinssenkungsfantasien der Investoren bestärken oder zunichte machen. «Die abgelaufene Handelswoche stand ganz unter dem Motto 'Hoffen auf die Geldpolitik'», schreiben die Experten der Helaba.

Die Währungshüter versuchen, mit höheren Zinsen den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen und die Inflation in den Griff zu bekommen. Daher haben die Investoren gehofft, dass der Arbeitsmarktbericht der US-Regierung am Freitag die in vorläufigen Daten sichtbare Abkühlung bestätigt und die Fed zu baldigen Zinssinkungen bewegt.

Die offiziellen Zahlen zeigten allerdings, dass in den USA im November 199.000 neue Jobs ausserhalb der Landwirtschaft hinzugekommen waren. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich einen Zuwachs von 180.000 erwartet. «Mit diesem Wert können die Börsianer nur bedingt gut leben», kommentiert Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. «Der Arbeitsmarktbericht ist zwar nicht extrem stark. Aber er ist stark genug, um die erwartete erste Zinssenkung nach hinten zu verschieben.» Der Aktienmarkt reagierte zunächst gelassen auf die Daten. 

Zinssenkungen im Sommer gelten aus Sicht der Investoren als nahezu sicher

Rund 50 Prozent und 65 Prozent der Börsianer gehen derzeit von einer Zinssenkung bei den Entscheidungen der Fed und der EZB im März aus. Vor dem offiziellen US-Arbeitsmarktbericht am Freitag waren es 60 und 70 Prozent. Zinssenkungen im Sommer gelten aus Sicht der Investoren an den Terminmärkten als nahezu sicher.

Mehrere Analysten stehen den Hoffnungen der Marktteilnehmer skeptisch gegenüber. «Die anhaltenden Kursgewinne am Kapitalmarkt fühlen sich an wie eine verfrühte Bescherung vom Weihnachtsmann», sagte etwa Sascha Rehbein, Portfoliomanager bei der Weberbank in Berlin. Die letzten Aussagen von EZB-Präsidentin Lagarde unterstrichen allerdings die Bereitschaft der Notenbank, bei Bedarf weitere restriktive Massnahmen vorzunehmen.

Angesichts des «bemerkenswerten» Rückgangs der Inflation kann die Europäische Zentralbank laut EZB-Direktorin Isabel Schnabel die Tür für weitere Zinserhöhungen zwar wohl vorerst geschlossen halten. «Wir geben aber zu bedenken, dass der jüngste Inflationsrückgang auf den zweiten Blick weit weniger bemerkenswert ist», kommentierte Mark Dowding, Chefanleger beim Vermögensverwalter BlueBay. Im Vorjahr sei die Teuerungsrate wegen der stark angestiegenen Preise ausserordentlich hoch gewesen. Daher erschienen die aktuellen Zahlen im Jahresvergleich niedrig. Dieser Effekt falle in den nächsten Monaten allerdings aus.

Der für die Investoren mit Abstand wichtigste Konjunktur-Termin in der neuen Woche ist deshalb die Bekanntgabe der US-Inflationszahlen am Dienstag. Die Teuerungsrate dürfte im November Experten zufolge weiter gefallen sein. «Allerdings waren hierfür dieses Mal wohl vor allem die volatilen Energiepreise verantwortlich, weshalb es nur ein begrenztes Aufatmen geben dürfte», kommentiert Commerzbank-Ökonom Christoph Balz. «Der unterliegende Inflationsdruck bleibt weiter zu hoch.»

Im Euroraum warten die Anleger vor allem auf die zum Wochenschluss anstehenden Einkaufsmanagerindizes für Dezember. Die Experten erwarten im Schnitt einen Anstieg auf 44,5 von 44,2 Punkten im November für die Industrie. Der Indikator für den Dienstleistungssektor dürfte auf 49,0 von zuvor 48,7 Zählern vorrücken.

(Reuters)