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Börsen suchen nach Richtung

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Preisentwicklung in China beunruhigt Anleger

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US-Schuldenstreit belastet

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Bayer brechen nach Zahlen ein

(Neu: Europäische Börsen)

Frankfurt, 11. Mai (Reuters) - Inmitten einer Flut von Firmenbilanzen haben sich Europas Börsen am Donnerstag vorsichtig vorangetastet. Der EuroStoxx50 gewann am Vormittag 0,5 Prozent auf 4326 Punkte, der Dax hinkte im Vergleich dazu hinterher und notierte 0,1 Prozent höher bei 15.915 Punkten. Der deutsche Leitindex bleibe in seinem engen Kurskorsett gefangen, nach oben stehe die psychologisch wichtige Marke von 16.000 Punkten wie ein Bollwerk im Weg, sagte Marktstratege Christian Henke von IG Markets.

Der erhoffte Schub durch die US-Inflationszahlen sei insgesamt ausgeblieben, sagten Börsianer. Die jüngsten Zinsanhebungen der US-Notenbank schienen zwar allmählich zu wirken, wie sich an der überraschend gesunkenen Aprilrate zeigte. Der Kampf gegen die Teuerung bleibe jedoch ein langer Weg. Indes nährte die Inflationsentwicklung in China die Konjunktursorgen. Der Preisauftrieb in China ist trotz der wirtschaftlichen Erholung fast zum Erliegen gekommen. Wenn die Unternehmen es nicht schafften, höhere Preise bei ihren Abnehmern durchzusetzen, spreche das sowohl für eine nachlassende Konsumneigung im Inland als auch für wenig Nachfrage aus dem Ausland, fasste Analyst Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets zusammen. "Die Rezessionsgefahren für andere Volkswirtschaften sind nicht zu übersehen."

Auf die Stimmung drückte auch der anhaltende Streit um die Anhebung der US-Schuldengrenze. Der drohende Finanzkollaps der USA ist ein weiteres Risiko für die ohnehin schon träge Weltwirtschaft und könnte auch das Treffen der Finanzminister aus den sieben führenden Industrienationen (G7) in Japan überschatten, das Anleger genau im Blick behalten.

ZINSENTSCHEID DER BANK OF ENGLAND IM BLICK

Großbritannien macht indes noch immer eine jenseits der Zehn-Prozent-Marke liegende Teuerungsrate zu schaffen. Die Bank von England (BoE) dürfte deswegen am Donnerstag den Leitzins weiter in die Höhe schrauben. Von Reuters befragte Experten rechnen mit einer Anhebung um einen viertel Prozentpunkt auf 4,50 Prozent. Das britische Pfund entfernte sich im Vorfeld von seinen Mehrmonats-Hochs und sank um 0,3 Prozent auf 1,2585 Dollar. Das Augenmerk der Anleger liege auf den ausblickenden Bemerkungen von Notenbank-Chef Andrew Bailey. Momentan wird an den Märkten eingepreist, dass es in zwei weiteren Schritten von je einem viertel Prozentpunkt weiter nach oben gehe. Sollte die Zentralbank diese Erwartungen dämpfen, könnte das den Pfund-Kurs belasten, sagte Devisenstrategin Carol Kong von der Commonwealth Bank of Australia.

BAYER UND SUSE BRECHEN EIN - MERCK UND ING HÖHER

Zudem hatten die Anleger eine Flut von Firmenbilanzen zu verarbeiten. Abgestraft wurden Bayer nach einem schwachen Jahresstart. Die Aktien brachen um bis zu 7,9 Prozent auf 53,70 Euro ein und standen damit so niedrig wie seit vier Monaten nicht mehr. Der Pharma- und Agrarkonzern sieht nach einem deutlichen Ergebnisrückgang im ersten Quartal nur noch das untere Ende seiner Jahresziele greifbar.

Nach einer Prognosesenkung stürzten die Aktien von Suse um gut 23 Prozent ab und steuerten auf den größten Tagesverlust der Firmengeschichte zu. Der Linux-Spezialist habe zum vierten Mal in sechs Quartalen die Erwartungen verfehlt, kommentierte Analyst Charles Brennan von der Investmentbank Jefferies. Die heruntergeschraubten Ziele setzten ein Fragezeichen hinter die Firmenstrategie.

Ein solides Wachstum zum Jahresbeginn und ein optimistischerer Ausblick von Deutsche Telekom kamen hingegen bei den Anlegern gut an. Die Aktien zogen bis zu 1,9 Prozent an. Trotz Einbußen im Geschäft mit Flüssigkristallen und Halbleiterchemikalien griffen Anleger auch bei Merck-Aktien zu, die bis zu 2,8 Prozent auf 165,70 Euro zulegten. Die Analysten der Investmentbank Jefferies verwiesen auf den weniger als befürchtet ausgefallenen Rückgang des bereinigten Betriebsgewinnes. ING konnte ebenfalls bei den Investoren punkten. Die niederländische Großbank will nach einem Gewinnsprung im ersten Quartal eigene Aktien zurückkaufen. Die Papiere stiegen um 3,8 Prozent.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)