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Steuerschätzung sagt Mindereinnahmen von 148,7 Mrd Euro voraus
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Lindner - Müssen Prioritäten beim Etat 2024 setzen
Berlin/Niigata, 11. Mai (Reuters) - Eine deutlich schlechtere Kassenlage befeuert den Etatstreit in der Bundesregierung. Für die Jahre bis 2027 müssen Bund, Länder und Gemeinden laut neuer Steuerschätzung mit 148,7 Milliarden Euro weniger rechnen als noch im Herbst 2022 angenommen. Allein beim Bund fallen die Einnahmen um 70,2 Milliarden Euro geringer aus. Für 2024 sind es 13 Milliarden Euro weniger. Lindner führte die Mindereinnahmen auf 2022 beschlossene Steuerentlastungen zurück, die im Schätzzeitraum mit jährlich etwa 34 Milliarden Euro zu Buche schlügen. Dagegen stünden konjunkturelle Mehreinnahmen von jährlich rund vier Milliarden Euro. Beim Etat für 2024 werde man die Ausgaben strikt priorisieren.
"Was ist die Konsequenz? Keine", sagte Lindner zum Ergebnis der Steuerschätzung. Diese eröffne "keine neuen finanziellen Spielräume". Beim Haushalt 2024 werde man sich sehr strikt auf Prioritäten verständigen müssen: "Ein Mehr an Ausgabenwünschen können wir gegenwärtig mit den gegebenen Einnahmen nicht realisieren."
Kurz zuvor hatte der FDP-Chef angekündigt, dass der für 21. Juni geplante Kabinettsbeschluss mit einem Etatentwurf für 2024 verschoben werde. Die Opposition warf der Bundesregierung Unfähigkeit vor. Es sei "ein Affront gegenüber dem Parlament", dass der Etatentwurf auf den St. Nimmerleinstag verschoben werde, sagte CDU-Haushälter Christian Haase.
Auch aus der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP kam Kritik. Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler forderte den Finanzminister auf, einen einigungsfähigen Etatentwurf für 2024 vorzulegen. "Bis zum Sommer muss ein Haushaltsentwurf im Kabinett beschlossen und dann an das Parlament übergeben werden", sagte Kindler. "Wir wollen daher als Ampel dem Finanzminister in der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses die Gelegenheit geben, seinen neuen Zeitplan zu erläutern."
LINDNER - DER 21. JUNI GILT NICHT MEHR
Auf dem Flug zum G7-Finanzministertreffen in Japan machte Lindner deutlich, dass der Etatstreit festgefahren ist. "Der 21. Juni gilt nicht mehr", sagte er mit Blick auf einen Kabinettsbeschluss zum Etatentwurf 2024 und zur Finanzplanung bis 2027. Im März hatte Lindner bereits die sonst üblichen Eckwerte für den Etatentwurf abgesagt.
Aktuell klafft bei den Plänen für 2024 Lindner zufolge noch eine Lücke von rund 20 Milliarden Euro. An den bisherigen internen Berechungen ändere sich durch die Steuerschätzung nichts, sagte Lindner. Alle Ministerien zusammen wollen mehr Geld ausgeben als durch Einnahmen, Rücklagen und neue Schulden zur Verfügung steht, zumal die Schuldenbremse eingehalten werden soll. Lindner hat deutlich gemacht, dass mehr gespart werden müsse. Neue Ausgaben solle es nur durch Einsparungen an anderer Stelle geben.
Das Ergebnis der Steuerschätzung bezeichnete Kindler angesichts des wirtschaftlichen Umfelds als nicht überraschend. Indirekt machte der Grünen-Politiker auch Lindner für die Einnahmenentwicklung verantwortlich, indem er auf die "negativen fiskalischen Wirkungen der zuletzt beschlossenen Steuersenkungen" verwies. Vor allem die FDP hatte durchgesetzt, die kalte Progression in der Einkommensteuer abzumildern. (Bericht von Holger Hansen, Klaus Lauer in Berlin und Christian Krämer in Niigata. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte). )