*

Weitere Festnahmen im Umfeld von Ex-Regierungschef

*

Mindestens fünf Tote und 2000 Festnahmen bei Protesten

*

Militär verstärkt Polizeikräfte in Hauptstadt Islamabad

(Neu: Oberster Gerichtshof)

Islamabad, 11. Mai (Reuters) - In Pakistan hat das Oberste Gericht die Verhaftung von Imran Khan nach zwei Tagen andauernder gewaltsamer Proteste für illegal erklärt. Das Gericht habe alle Verfahren gegen Khan aufgehoben, sagte sein Rechtsanwalt Babar Awan am Donnerstag. Unterdessen erhöhten die Sicherheitsbehörden den Druck auf die Partei des populären ehemaligen Cricket-Stars mit der Festnahme von führenden Mitgliedern. Die Unruhen, bei denen mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen sind und mehr als 2000 festgenommen wurden, ließen nicht nach. Nachdem Demonstranten Brände in Behörden gelegt und Militärgebäude der Atommacht gestürmt hatten, trafen Soldaten zur Unterstützung der Polizei in der Hauptstadt Islamabad ein. Ministerpräsident Shehbaz Sharif sprach im Fernsehen von Geiselnahmen und Angriffen auch auf Rettungsfahrzeuge. "Solche Szenen hat man in 75 Jahren nicht erlebt."

Nach Angaben von Khans Anwalt entschied der Oberste Gerichtshof, dass der Oppositionsführer ab sofort in seinem Gewahrsam sei und nicht in dem der Antikorruptions-Behörde. Der 70-Jährige werde die Nacht in demselben Gästehaus der Polizei verbringen wie zuvor, dürfe aber eine begrenzte Anzahl von Freunden und Familienangehörigen treffen. Offen blieb, ob und wann Khan den Arrest verlassen darf.

Anlass der Massenproteste war seine Inhaftierung am Dienstag wegen Korruptionsvorwürfen. Am Mittwoch wurden zwei weitere ranghohe Mitglieder von Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) festgenommen. Am Donnerstag folgte die Festnahme des früheren Außenministers Shah Mahmood Qureshi, wie auf dessen Twitter-Profil mitgeteilt wurde. Qureshi zählt als ehemaliges Regierungsmitglied und Vizechef der PTI-Partei zu Khans engeren Gefolgsleuten. Auf Qureshis Twitter-Profil hieß es, gegen die PTI sei eine Kampagne angezettelt worden, um die Partei als Urheber gewaltsamer Aktionen darzustellen. "Die Nation muss ihre friedlichen Proteste fortsetzen, wo immer sie kann."

Khan war am Mittwoch angeklagt worden, weil er während seiner vierjährigen Amtszeit als Regierungschef Staatsgeschenke illegal verkauft haben soll. Er weist die Anschuldigungen zurück. Sie stehen nicht im Zusammenhang mit den Betrugsvorwürfen, deretwegen er festgenommen wurde. Die Anschuldigungen resultieren aus nur zwei von insgesamt mehr als 100 Ermittlungen, die nach Ende seiner Amtszeit eingeleitet wurden. In den meisten Fällen droht Khan bei einer Verurteilung ein Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden. Im November sind in Pakistan Wahlen geplant. Khan war im April 2022 durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt worden.

Die Proteste finden vor allem in Khans Heimatprovinz Punjab und in Khyber Pakhtunkhwa statt. Beide Provinzen sind Hochburgen des populären Oppositionsführers. In Punjab nahm die Polizei nach eigenen Angaben mehr als 1650 Demonstranten in Gewahrsam. In der Stadt Quetta im Südwesten des Landes seien rund 80 Beschäftigte der PTI-Partei festgenommen worden. (Bericht von Gibran Naiyyar Peshimam, Asif Shahzad, Ariba Shahid, Mubasher Bukhari und Gul Yousafzai; geschrieben von Jörn Poltz, Sabine Ehrhardt und Hans Busemann. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)