«Ich bin in diesem Jahr viel durch die Welt gereist und habe Emittenten, Strategen und Kunden getroffen. Die meisten stimmten mir zu, dass sich die Welt verändert hat. Doch was haben sie gegen die veränderte Volatilität oder die neue Art und Weise wie wir arbeiten und leben getan? Die Antwort fällt in der Regel sehr bescheiden aus. Anleger müssen im Jahr 2023 und darüber hinaus anders denken und handeln», erklärt Husain.
Die Volatilität hat ihren Ursprung nach seiner Meinung bei den Zentralbanken. «Nach der globalen Finanzkrise erhielten wir immer wieder Erklärungen der Zentralbanken, die vielleicht eine Wortänderung enthielten, und während jeder diese eine Wortänderung analysierte, hatte ich nie das Gefühl, dass sich viel geändert hat.» Danach gab es eine Phase, in der verlautet wurde: Wir denken nicht einmal darüber nach, die Zinssätze zu erhöhen. Das änderte sich dann aber als es hiess: Werden es 75 oder werden es 100 Basispunkte sein? Die massive Volatilität der Zentralbank führt zu einer massiven Volatilität der Zinssätze, die wiederum zu einer massiven Volatilität der Zinskurven und der Kredite führt. Dies wirkt sich dann auf die Aktienmärkte aus. «Für einen aktiven Manager wie wir ist Volatilität nichts, wovor man sich fürchten muss, sondern etwas, das grosse Chancen bietet, und das werden wir auf jeden Fall nutzen», fügt er an.
Eine Sorge sei, dass die Volatilität auf diesem erhöhten Level zusätzliche Auswirkungen auf die Liquidität hat. «So wie wir von der quantitativen Lockerung zur quantitativen Straffung übergegangen sind, hat es in der Welt einen Strukturwandel gegeben, der zu einer höheren Inflation geführt hat. Ich denke, das Wichtigste für die Anleger ist, dass sich die Marktstruktur jetzt grundlegend verändert hat, und die Marktstruktur ist etwas, worüber sich die Anleger nicht genug Gedanken machen können.»
Liquidität unter Druck
Die Umstellung von aktivem auf passives Management und von öffentlichen auf private Märkte habe die Art und Weise, wie Menschen investieren, grundlegend verändert. Das sei keine Debatte über «aktiv» oder «öffentlich» oder «privat», sondern einfach eine Tatsache. Die Veränderungen haben sich massiv auf die Marktliquidität ausgewirkt, was einen Rückkopplungsprozess ausgelöst hat, der zu weiterer Volatilität führt, die sich wiederum auf die Liquidität auswirkt. Daraus folgt, dass die Kreditmärkte gefährdet sind, weil die Liquiditätsprämie, die in diesen Märkten eingepreist ist, immer noch nicht ausreicht, um der Realität der heutigen Märkte gerecht zu werden.
«Die Illiquidität der Märkte ist etwas, mit dem wir uns alle auseinandersetzen müssen. In der Terminologie der festverzinslichen Wertpapiere sind wir wahrscheinlich am Punkt der maximalen Konvexität angelangt. Das bedeutet, dass wir uns in einem instabilen Gleichgewicht befinden. Es muss etwas passieren. Entweder kommt es zu einer massiven Korrektur an den Kreditmärkten wie im Jahr 2008 oder wir erleben eine wirklich grosse Rallye. Während die Marktentwicklung im vierten Quartal bisher nach Letzterem aussieht, könnte es angesichts der Liquiditätssituation und der quantitativen Straffung immer noch wie 2008 ausgehen.»