"Die spannendste Lagebeurteilung der SNB seit langem liegt hinter uns und die Diskrepanzen der Erwartungen im Voraus hätten nicht grösser sein können. Ökonomen hatten für den ersten Zinsschritt im Konsens September vor Augen, während der Markt eine Erhöhung von 0.25% bereits für den Monat Juni einpreiste. Folglich war für eine Überraschung vorgesorgt", kommentiert Philipp Burckhardt, Fixed Income Strategist und Portfolio Manager von Lombard Odier Investment Managers (LOIM).
Starke Kurswende jetzt vonnöten
Nun hat die SNB die Zinsen sogar um 0.5% erhöht, ihre Politik der FX-Interventionen angepasst und den Freibetragsfaktor von 30 leicht nach unten auf 28 angepasst. Sie bezeichnet den Schweizer Franken nicht mehr als "hoch bewertet", bleibt aber bei den Interventionen bei Bedarf aktiv. "Neben den Zinsen ist dies somit auch ein erster Schritt in Richtung Normalisierung der aufgeblähten Bilanz", hält Burckhardt fest und fügt hinzu: "Trotz deutlich tieferer Inflation im Vergleich zur Eurozone und den USA findet die SNB, dass eine starke Kurswende jetzt vonnöten sei und hat dies auch in der bedingten Inflationsprognose so dargelegt. Für das erste Quartal von 2025 erwartet die SNB nun eine Inflation von 2.1%, die deutlich über der vorherigen Projektion von März liegt, als sie noch 1.1% im vierten Quartal von 2024 erwartete."
Die SNB, wie auch die EZB, ist besorgt wie breitflächig die Preise aktuell ansteigen und möchte dem nun aktiv entgegenwirken. "Dennoch bleiben wir der Meinung, dass vor allem angebotsseitige Schocks in den Preisanstiegen auszumachen sind, auch wenn diese nicht mehr nur temporärer Natur sind, sondern bereits eine Weile andauern und wohl noch weiter andauern werden", sagt Burckhardt. Man könne aber gleichzeitig nicht bestreiten, dass die Schweizer Wirtschaft sehr gut durch die Krise navigiert ist und erste Anzeichen von Vollbeschäftigung aufweist – eine Voraussetzung für nachfrageseitige Inflation.
Zügig aus den Negativzinsen aussteigen
Es scheine offensichtlich, so der Fixed-Income-Stratege von LOIM, dass die SNB zügig aus den Negativzinsen aussteigen und sich Richtung neutralem Gleichgewichtszinssatz bewegen möchte, auch weiterhin, wenn nötig, in grösseren Schritten als 0.25%. Dies, da wir uns immer noch in einem äusserst expansiven geldpolitischen Umfeld befinden und der Weg zur Normalisierung noch ein weiter sei. "In einem zweiten Schritt sollte die SNB gemäss unserer Einschätzung versuchen, die Bilanz schrittweise zu verkürzen, was den Druck auf den Schweizer Franken weiter erhöhen und gleichzeitig der Wirtschaft ein wenig Wind aus den Segeln nehmen sollte. Dies könnte dazu führen, dass insgesamt weniger Zinsschritte nötig sein werden oder dass der Anstieg gradueller und langsamer ablaufen wird, als dies aktuell von den Märkten erwartet wird", meint Burckhardt.