
Der Kreditmarkt war in den letzten Monaten vielen Herausforderungen ausgesetzt. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine führte zu einer Ausweitung der Credit Spreads (Zinsdifferenzen). Ein Grossteil dieser Bewegung hat sich zum Quartalsende einigermassen beruhigt. Im High-Yield-Bereich kamen die steigenden Rohstoffpreise Anleihen aus dem Energiesektor zugute, während die beschleunigte Inflation und höhere Zinsen die Titel in den Sektoren Konsumgüter, Nahrungsmittel und Immobilien belasteten.
"In Phasen, in denen die Verunsicherung steigt und die Credit Spreads sich ausweiten, sind hochklassige Anleihen in der Regel im Vorteil", erklärt Jeff Boswell, Head of Alternative Credit von Ninety One. Riskoadjustiert schneiden sie besser ab als Titel aus der tieferen Ratingstufe. Im ersten Quartal 2022 geschah jedoch genau das Gegenteil, Titel einwandfreier Qualität blieben zurück.
«Unserer Ansicht nach kann ein Grossteil der Underperformance der Qualitätsanleihen auf zwei Hauptfaktoren zurückgeführt werden: Durationsaversion und Liquidität/Finanzströme», so der Experte. Die Underperformance des Faktors Qualität habe zwei wesentliche Gründe: Qualität ist in der Regel von längerer Duration, was im aktuellen Marktumfeld nicht auf grosse Gegenliebe stosse. Zudem hätten diese Märkte angesichts der restriktiven Politik der Zentralbanken naturgemäss sowohl eine geringere Nachfrage als auch einen grösseren Preiseinfluss durch steigende Staatsanleiherenditen erfahren.
High Yield als Bargeld-Ersatz
Der zweite Grund sei technischer Natur: Von den meisten Kreditmärkten wurde im bisherigen Jahresverlauf Kapital abgezogen. BB-Anleihen hingegen waren relativ beliebt und dienen manchen Investoren als Cash-Ersatz.
Bei High-Yield-Anleihen ist das BB-Rating das hochwertigste Segment. Aktuell erscheine dieses im Vergleich zum risikoreicheren Kreditsegment, dem CCC-Rating, günstig. Die zusätzliche Risikoprämie, die Anlegerinnen und Anleger durch den Kauf von CCC-Anleihen im Vergleich zu BB-Bonds sei nach wie vor niedrig und liegt deutlich unter dem Durchschnittswert der letzten zehn Jahre.
Telekommunikationsbranche ist attraktiv
"Wegen der Ungewissheit über die Inflationsentwicklung, die monetäre Straffung der Zentralbanken und ihre Auswirkungen aufs konjunkturelle Wachstum, sind Unternehmen mit BB-Rating klar besser positioniert, die Herausforderungen im neuen Umfeld zu meistern", ist Boswell der Meinung. Im Vergleich zu Unternehmen mit CCC-Rating hätten BB-Unternehmen eine ausreichende Unternehmensgrösse und eine Bilanz, die gesund genug sei, die Unwirtlichkeiten, die in einer schwieriger gewordenen Welt entstanden seien, zu meistern.
Investment-Grade-Anleihen im ersten Quartal eröffneten ebenfalls Chancen für Obligationeninvestoren. Mit minus 6,9% des Investment-Grade-Indexes erlebte der Sektor eine der schlimmsten Periode in so kurzer Zeit. Das rufe, ja verlange nach einer Korrektur zu wieder mit den fundamentalen Voraussetzungen übereinstimmenden Bewertung.
Investment-Grade-Anleihen bleiebn gesamthaft attraktiv, und Qualität werde sich als Kriterium durch- und fortsetzen. "Der Markt in dieser Klasse ist breit und Investoren werden von Konditionen profitieren, die für die weitere potenzielle Volatilität der Renditen entschädigen werden". betont Boswell. Auf Branchenebene war, wie erwähnt, zu beobachten, dass verschiedene historisch defensive Sektoren wie die Telekommunikation während des jüngsten Ausverkaufs unterdurchschnittlich abschnitten, zurückzuführen auf technische, liquiditätsbedingte und nicht fundamentale Gründe. Das mache Telecom zu einer attraktiven Anlage.
Qualität im Fokus
Boswell rät: "Falls sich, was nicht unwahrscheinlich erscheint, die Credit Spreads weiter ausweiten, gehören Vermögenswerte mit hoher Qualität und defensivem Charakter unzweifelhaft ins Portfolio." Obwohl, oder gerade die jüngste Wertentwicklung Qualitätsanleihen in einem unattraktiveren Licht erscheinen liess, haben sie für selektiv vorgehende Anlegerinnen und Anleger Potenzial.