Immer mehr Fremdkapital wird über Online-Plattformen vermittelt. (Bild: Shutterstock.com/Billion Photos)
Immer mehr Fremdkapital wird über Online-Plattformen vermittelt. (Bild: Shutterstock.com/Billion Photos)

Neue Technologien, das Niedrigzinsumfeld und ein verändertes Kundenverhalten schwächen gewisse Wettbewerbsvorteile traditioneller Banken und führen zum Entstehen von neuen Geschäftsmodellen im Finanzsektor. Marketplace Lenders, die mit Online-Plattformen im Schweizer Fremdkapitalmarkt aktiv sind, sind hierfür ein eindrückliches Beispiel, wie der Marketplace Lending Report zeigt, den die Hochschule Luzern, die Swiss Marketplace Lending Association (SMLA) und die TMF Group dieses Jahr lanciert haben.

Dabei handelt es sich um die erste umfassende Analyse zur Fremdkapital-Finanzierung von Schweizer Unternehmen, öffentlichrechtlichen Körperschaften und Privatpersonen über Plattformen im Internet. Im Gegensatz zu Banken nehmen Marketplace-Lending-Plattformen weder Einlagen entgegen, noch vergeben sie selbst Kredite über die eigene Bilanz. Kreditgeber solcher Finanzierungen sind in der Regel Privatpersonen oder professionelle und institutionelle Investoren wie zum Beispiel Versicherungen, Fonds, Pensionskassen, Banken, oder Family Offices.

Marktvolumen hat sich seit 2017 verdreifacht

Das Gesamtvolumen an Fremdkapital, das im Jahr 2020 über Onlineplattformen verliehen wurde, betrug 15,4 Mrd. CHF. Von 2019 bis 2020 wuchs das Gesamtmarktvolumen (neue Kredite/Anleihen) um 42,5%. Die Volumina und Wachstumszahlen der verschiedenen Segmente von Marketplace Lending unterscheiden sich aber deutlich. Die Studie unterscheidet zwischen drei verschiedenen Segmenten des Marketplace Lendings:

  • Crowdlending-Kredite: Privatpersonen oder professionelle Investoren finanzieren andere Privatpersonen (Konsumkredite, hypothekarisch besicherte Kredite) oder KMU (Unternehmenskredite, hypothekarisch besicherte Kredite).
  • Hypothekarkredite auf Online-Vermittlerplattformen: Auf Vermittlerplattformen finanzieren professionelle Investoren Hypothekarkredite für Wohn- oder Renditeobjekte. Im Gegensatz zu Crowdlending-Plattformen, welche Hypothekarkredite anbieten, haben diese Plattformen eine ausschliesslich professionelle Investorenbasis (z.B. Vermögensverwalter, Family Offices und Pensionskassen).
  • Online-Kredite und Anleihen für mittelgrosse Unternehmen, Grossunternehmen und öffentlich-rechtliche Körperschaften: Dieses Segment beinhaltet Kredite an öffentlich-rechtliche Körperschaften (Gemeinde, Städte, Kantone, staatsnahe Unternehmen) und mittelgrosse und grosse Unternehmen. Darüber hinaus bieten Marketplace-Lending-Plattformen seit 2020 die digitale Emission von Anleihen an. Bei den Investoren handelt es sich in beiden Teilsegmenten um professionelle Investoren.

Das Segment der Crowdlending-Kredite erreichte im Jahr 2020 448.0 Mio. CHF, dasjenige der Broker für Hypothekarkredite, die von institutionellen und professionellen Anlegern finanziert werden, 5,5 Mrd. CHF. Das Volumen im Segment der Kredite und Anleihen für mittlere und grosse Unternehmen sowie öffentlich rechtliche Körperschaften betrug 9,4 Mrd. CHF.

Geringer Marktanteil von Hypothekarkrediten auf Vermittlungsplattformen

Hypothekarkredite stellen den volumenmässig grössten Fremdkapitalmarkt in der Schweiz dar. Vermittlungsplattformen erreichten im Jahr 2020 mit einem Volumen von rund 5,5 Mrd. CHF einen Marktanteil von 3% bis 3.5% der neu ausgegebenen Hypothekarkredite. Erste Plattformen sind bereits seit 2012 im Markt. In den vergangenen Jahren konnte man beobachten, dass zunehmend auch Banken solche Marktplätze aufbauen.

Gemessen am Marktanteil hat das Segment der Kredite an öffentlich-rechtliche Körperschaften eindeutig die höchste Relevanz aller Marketplace-Lending-Segmente erzielt. Die Studienautoren Simon Amrein und Andreas Dietrich schätzen, dass rund 10% bis 15% aller Kredite an Gemeinden, Städte und Kantone in der Schweiz über Plattformen vermittelt werden. Das Kreditvolumen lag im Jahr 2020 bei 9,4 Mrd. CHF.

Crowdlending-Segment stark von Covid-19-Krise betroffen

Obwohl das Crowdlending-Segment im Jahr 2020 insgesamt um 7,1% gewachsen ist, waren bestimmte Kreditarten stark von Covid-19 betroffen. Der deutliche Rückgang bei den KMU-Krediten war eine unmittelbare Folge des Covid-19-Kreditprogramms des Bundes. Das Segment der Konsumkredite war aufgrund der zurückgehenden Konsumnachfrage ebenfalls stark von der Covid-19-Krise betroffen. Auf der anderen Seite stiegen die hypothekarisch gesicherten Kredite stark an und bewirkten ein Gesamtwachstum des Volumens im Crowdlending-Segment. Die Autoren der Studie erwarten eine Erholung des Marktes und eine Beschleunigung des Wachstums nach der Pandemie. Das Kreditvolumen lag im Jahr 2020 bei 448.0 Mio. CHF.

Plattformen für Fremdkapital sind Innovationstreiber

Die Autoren der Studie betonen, dass viele Plattformen für Online-Kreditfinanzierungen Innovationstreiber im Schweizer Fremdkapitalmarkt sind. Crowdlending-Plattformen gehörten beispielsweise zu den ersten, die in der Schweiz vorwiegend digitale Kreditvergabeprozesse für KMU und Konsumenten angeboten haben. Die Online-Broker im Hypothekenmarkt sind relevante Treiber, die den grössten Schweizer Markt für Fremdkapital bereits seit 2012 digitalisieren. Plattformen für die Kreditvergabe an öffentlich-rechtliche Körperschaften (Gemeinden, Städte, Kantone) haben bereits einen erheblichen Teil dieses Marktsegments erobert und vermitteln seit 2016 eine hohe Anzahl dieser Kredite zu geringeren Kosten als traditionelle Anbieter. Zudem gab es 2020 die ersten digitalen Anleiheemissionen auf Schweizer Plattformen, wodurch ein neues Segment entstanden ist, welches auch die Transparenz solcher Transaktionen im Preisfindungsprozess erhöht.

Dieser Artikel wurde cash von Investrends.ch zur Verfügung gestellt. Verpassen Sie keine News zu aktuellen Themen aus der Fonds- und Asset-Management-Branche. Investrends.ch liefert Ihnen im Newsletter zweimal wöchentlich die Zusammenfassung der Nachrichten und informiert Sie über Sesselwechsel und wichtige Veranstaltungen. Hier abonnieren