Die beiden Hoteliers hinter dem Projekt, Lukas Kalbermatten und Esther Bellwald, sahen die letzten Ausführungen beinahe zeitgleich mit den Medien. Am Freitagmorgen, wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung am Abend, steigt die Sonne über dem Tal auf und lässt das ohnehin helle Holz der Fassaden noch heller erscheinen.

Kalbermatten und Bellwald besassen zwei der drei Hotels, die beim Bergsturz vom 28. Mai zerstört wurden. «Heute ist viel Freude da, aber auch viel Trauer», sagt Bellwald mit zittriger Stimme. «Wir sind hier, weil wir alles verloren haben.»

Ihre Familie führte das älteste Hotel des Tals, dessen Geschichte fast 157 Jahre zurückreicht. «Eine Arbeit kann man ersetzen, einen Ort nicht», sagt die Oberwalliserin.

«Man musste jetzt handeln»

Die Idee zu «Momentum» entstand kurz nach der Katastrophe dieses Frühjahrs. Es sei «das erste Gebäude, das wieder aufgebaut wird», betont der Lötschentaler Tourismusdirektor Matthias Fleischmann. Als starkes «Symbol» stehe es für die Botschaft: «Wir sind noch da, attraktiv und auf die Zukunft ausgerichtet.»

Als temporäre Struktur soll das Hotel einen Teil der in Blatten verlorenen Betten bis etwa 2030 ersetzen. «Der Tourismus konnte nicht auf den Wiederaufbau des Dorfes warten», erklärt Kalbermatten. «Man musste jetzt handeln.»

Mit der Eröffnung kommen 64 Betten hinzu. Dennoch bleibt die Aufnahmekapazität des Tals eingeschränkt. Heute sind erst rund zwei Drittel der durch den Bergsturz vor knapp sieben Monaten verlorenen Hotelbetten kompensiert.

Auf 1970 Metern über Meer steht der geradlinige Bau in unmittelbarer Nähe der Gondelbahn Lauchernalp und direkt im Skigebiet. Die Station liegt hoch über dem Dorf Wiler und dem Lötschental.

Von dort oben sind die Spuren des Bergsturzes unübersehbar. Den übrigen Horizont füllen die mächtigen Berge, darunter das Kleine Nesthorn, von wo der Bergsturz ausging. «Die Berge sind immer noch wunderschön, ich blicke nicht mit Trauer auf sie», sagt Bellwald.

Auf den Betten liegen Decken, die an ein traditionelles Objekt erinnern, das früher in Eisten, einem der Weiler von Blatten, gefertigt wurde. Sie dienten als Vorlage für die Farbgestaltung des Hauses, erklärt Kalbermatten. Der Boden ist in Rot und Blau gehalten, vereinzelt setzen gelbe Farbtupfer Akzente.

Man findet immer einen Weg

Bei der Umsetzung des Projekts konnten die Hoteliers auf ihre langjährige Erfahrung zurückgreifen. «So eröffnet man normalerweise kein Hotel - indem man die Baustelle erst am Eröffnungstag abschliesst», sagt Bellwald mit einem Lächeln.

«Wir haben zum Beispiel die Kreditkartenterminals noch nicht erhalten», ergänzt die Bewohnerin von Ried, einem weiteren Weiler des zerstörten Dorfes. «Aber man findet immer einen Weg.»

Kalbermatten verhehlt seine «Lust zu arbeiten» nicht. Gemeinsam mit Esther Bellwald und dem Team ist er bereit, die ersten Gäste zu empfangen. Die Buchungen, die seit rund einem Monat möglich sind, stimmen - auch wenn in den kommenden Wochen noch einzelne Zimmer frei bleiben.

Gemeinsam stark

Rund vier Monate waren nötig, um diese «Herausforderung» zu bewältigen. Das Projekt mit einem Investitionsvolumen von knapp 4,6 Millionen Franken verlangte eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Die beiden Unternehmer halten je 45 Prozent des Aktienkapitals, die Bergbahnen Lauchernalp 10 Prozent. Zusätzlich unterstützt der Kanton Wallis das Projekt mit einer Million Franken und die Schweizer Berghilfe mit einer halben Million Franken.

Weitere Partner, darunter Hotelverbände und Lieferanten, beteiligten sich in Form von Unterstützungsleistungen und Spenden an der Finanzierung.

Name mit Symbolkraft

«Dieses Projekt zeigt einmal mehr, wie stark der Zusammenhalt der Bergbevölkerung ist und wie gross ihre Widerstandskraft», sagt Eva Jaisli, Präsidentin des Stiftungsrats der Schweizer Berghilfe. Der Name «Momentum» stehe sinnbildlich dafür, den richtigen Moment zu nutzen, ergänzt Bellwald.

«Auch in der Physik bedeutet der Begriff, in Bewegung zu bleiben - und trotz allem vorwärtszukommen.»

mk/

(AWP)