Die Währungshüter hoben am Mittwoch für viele Experten unerwartet den Leitzins von 0,0 bis 0,1 Prozent auf 0,25 Prozent an. «Sollten sich die Wirtschaft und die Preise gemäss unseren Projektionen entwickeln, werden wir die Zinssätze weiter anheben», stellte Notenbankchef Kazuo Ueda auf der Pressekonferenz nach der Zinssitzung in Aussicht. «Wir sehen 0,5 Prozent nicht als entscheidende Barriere an, wenn wir die Zinsen erhöhen.» Die Währungshüter legten zudem einen detaillierten Plan zur Verringerung ihrer Anleihenkäufe vor.

Der Tokioter Leitindex Nikkei gewann zeitweise 1,5 Prozent auf 39.101 Punkte. Der breiter aufgestellte Topix-Index zog um 1,5 Prozent an. Insbesondere Bankaktien wurden durch die Entscheidung beflügelt. Der Kurs des Yens stieg nach zwischenzeitlich um 0,8 Prozent zum Dollar und markierte ein Dreimonatshoch. Die Renditen der zehnjährigen japanischen Staatsanleihen gaben leicht nach.

«Trotz der schleppenden Verbraucherausgaben setzten die Währungshüter ein entscheidendes Signal, indem sie die Zinssätze anhoben und eine allmähliche Verkleinerung der Bilanz zulassen», sagte HSBC-Volkswirt Fred Neumann. «Sollte es zu keinen grösseren Störungen kommen, ist die BoJ auf einem Kurs hin zu einer weiteren Straffung und einer weiteren Zinsanhebung zu Beginn des kommenden Jahres.»

Yen-Schwäche

Volkswirte verwiesen zudem auf die Yen-Schwäche. «Obwohl die Bank von Japan stets betont hatte, dass ihre Geldpolitik nicht auf Währungen abziele, muss die Schwäche des Yens ein entscheidender Faktor für die heutige Entscheidung gewesen sein», sagte Izuru Kato, Chefökonom bei Totan Research. Die Abwertung der Währung habe vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen in ländlichen Regionen zugesetzt.

Die Zentralbank begründete die Zinsanhebung mit der Prognose, dass die Löhne auf noch breiterer Front steigen dürften. Das wiederum werde Unternehmen dazu veranlassen, höhere Personalkosten über Preissteigerungen bei Dienstleistungen an ihre Kunden weiterzugeben. Japan litt jahrelang unter einer Deflation - also einem Preisverfall. Den versuchten die Währungshüter mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik zu bekämpfen. Sie gehen davon aus, dass die Inflationsrate bis 2026 bei etwa zwei Prozent liegen dürfte.

Die BoJ hatte im März den historischen Ausstieg aus ihrem jahrelangen Stützungsprogramm für die Wirtschaft gewagt und erstmals seit 17 Jahren die Zinsen erhöht. Auf den Sitzungen danach hatten sie aber an den Sätzen nicht gerüttelt. Mehr als drei Viertel der von Reuters befragten Volkswirte hatten mit einer Zinspause gerechnet.

Daten entscheiden über weitere Schritte

Zur Frage, ob die BoJ in diesem Jahr erneut die Zinsen anheben könnte, sagte Ueda, das hänge von den Wirtschaftsdaten ab. «Wenn sich die Bedingungen im Einklang mit unserer Prognose entwickeln oder unsere Prognosen übertreffen, könnten wir die Zinsen weiter anheben.» Indem die BoJ schrittweise vorgehe, könne sie das Risiko vermeiden, in kurzer Zeit grosse Anpassungen vornehmen zu müssen.

Die Notenbank legte zudem einen Plan vor, der die monatlichen Anleihenkäufe auf rund drei Billionen Yen (18,1 Milliarden Euro) ab Anfang 2026 verringern soll. Im Moment sind es monatlich rund sechs Billionen Yen. Damit signalisierte die BoJ ihre Entschlossenheit, ihre Politik starker geldpolitischer Anreize nach einem Jahrzehnt zurückzufahren. Der Abbau ihrer auf umgerechnet fast fünf Billionen Dollar aufgeblähten Bilanz ist ein wichtiger Eckpfeiler für die Normalisierung ihrer Geldpolitik.

Der Kursschwenk hin zu einer strafferen Geldpolitik steht in starkem Kontrast zur Kurswende in der Eurozone und in vielen anderen Ländern hin zu niedrigeren Zinssätzen. Von der US-Notenbank wird am Mittwochabend erwartet, dass sie signalisieren wird, die Zinsen im September zu senken, sollte der Preisdruck nachlassen. 

(Reuters)