US-Notenbankchef Jerome Powell ist kein volles Jahr mehr im Amt und muss womöglich damit rechnen, dass ihm schon bald ein Nachfolger präsentiert wird. Die ständige Kritik von US-Präsident Donald Trump an seiner Person liess Powell bislang zwar weitgehend kalt: Die Vorwürfe, er sei eine «dumme Person» und zu langsam bei Zinssenkungen, liess der einflussreichste Währungshüter der Welt bislang an sich abperlen. Schliesslich ist die Notenbank unabhängig.
Und Powell könnte das Trommelfeuer aus dem Weissen Haus bis zum Ende seiner Amtszeit im Mai 2026 quasi aussitzen. Doch sollte Trump schon in naher Zukunft einen Nachfolger präsentieren, wie er es angekündigt hat, dürfte dies für Störfeuer auf der Kommandobrücke der US-Notenbank sorgen.
«Zwei Leute würden dann versuchen, das Schiff zu steuern: Einer steuert es tatsächlich, und einer quasi vom Rücksitz», meint Ryan Sweet, Chefvolkswirt für die USA bei Oxford Economics. Auch Investoren treibt bereits die Sorge um, dass die Möglichkeit eines «Schatten»-Notenbankchefs, der möglicherweise andere Ansichten zur Geldpolitik vertritt als Powell, Verwirrung stiften könnte. Jeder Nachfolger, der als Gefolgsmann Trumps wahrgenommen würde, könnte die Wall Street alarmieren. Denn allgemein herrscht die Meinung vor, dass eine von politischen Weisungen unabhängige Fed für das reibungslose Funktionieren der Märkte unerlässlich ist.
«Wer auch immer ernannt wird, entscheidend ist, ob er als politischer Kandidat wahrgenommen wird», sagt Eric Winograd, Chefvolkswirt für die USA beim Vermögensverwalter AllianceBernstein: «Und damit meine ich jemanden, dessen Ansichten sich den Launen des Präsidenten anpassen.»
Nach den jüngsten verbalen Breitseiten aus dem Weissen Haus machte Powell nach dem Zinsbeschluss deutlich, dass die Währungshüter geldpolitisch nur auf ihr duales Mandat fokussiert sind - und zwar stabile Preise zu sichern und Vollbeschäftigung zu fördern. Die Fed sei in einer guten Position, um diesem Auftrag gerecht zu werden: «Das ist, was für uns zählt», sagte Powell und fügte an: «Das ist so ziemlich alles, was für uns zählt.»
Fokus auf das Mandat gefragt
Diese Botschaft ging in Richtung des Weissen Hauses, zielte aber auch auf die Finanzmärkte ab. Powells Nachfolger dürfte daran gemessen werden, dass er dieser Richtschnur folgt: «Die Märkte werden sich einen Fed-Vorsitzenden wünschen, der sich voll und ganz auf das wirtschaftliche Gleichgewicht und sein duales Mandat konzentriert», sagte Callie Cox, Chef-Marktstrategin bei Ritholtz Wealth Management und fügte an: «Jeder Wall-Street-Manager würde Ihnen sagen, dass die Unabhängigkeit der Fed die goldene Regel der Märkte ist.»
In den USA schwirren bereits einige Namen herum, die für die Nachfolge Powells infrage kommen könnten: Als aussichtsreiche Anwärter werden der Wirtschaftsberater des Weissen Hauses, Kevin Hassett, der ehemalige Fed-Direktor Kevin Warsh und Finanzminister Scott Bessent gehandelt. Auch Judy Shelton, eine Ökonomin und ehemalige Wahlkampfunterstützerin Trumps, werden demnach Chancen auf den Posten eingeräumt. Sie hat sich in der Vergangenheit unter anderem für eine Rückkehr zum Goldstandard ausgesprochen.
Sollte Trump den derzeitigen Fed-Direktor Christopher Waller nominieren, den einige Auguren für die Nachfolge Powells auf dem Zettel haben, könnte dies zu einer besonders unübersichtlichen Lage führen. Denn da Waller als Direktor direkt an den Zinsbeschlüssen mitwirkt, dürfte seinen Meinungsbeiträgen als «Schatten»-Notenbankchef besonderes Gewicht beigemessen werden - quasi eine zweite Stimme im Hintergrund neben dem tonangebenden Fed-Chef.
Trump kritisiert Powell, den der Präsident 2018 selbst ernannt hatte, seit Monaten scharf für die Entscheidung der Fed, die Zinsen weiter konstant zu halten. Die Zentralbank senkte den Leitzins im vergangenen Jahr um einen ganzen Prozentpunkt, zuletzt im Dezember um einen Viertelpunkt. Trump fordert aktuell kräftige Senkungen, womit sich der amerikanische Staat wesentlich günstiger verschulden könnte. Jüngst kritisierte er Powell für die ausbleibenden Zinssenkungen und nannte ihn einen Dummkopf, sagte aber: «Ich werde ihn nicht entlassen.»
Ein von Trump nominierter Fed-Chef in der Nachfolge Powells müsste vom US-Senat bestätigt werden, ein Prozess, der ab Trumps Ankündigung Monate dauern könnte. Einige Anleger bezweifeln allerdings, dass Trump bereits in naher Zukunft einen Nachfolger für Powell benennen wird. Zudem sei der US-Präsident immer für Überraschungen gut: So könnte der künftige Fed-Chef jemand sein, den kaum jemand bislang auf dem Schirm hat.
(Reuters/cash)
1 Kommentar
Amerika hat ein grosses Problem, es heisst Trump.