Gemäss der am Mittwoch veröffentlichten Machbarkeitsstudie des Sport-Dachverbands Swiss Olympic hat die Schweiz das Potenzial, das Wissen und die Unterstützung der Bevölkerung, um ab 2030 Olympische und Paralympische Winterspiele nach einem neuen Konzept durchzuführen. Dieser Grossanlass würde laut Swiss Olympic dezentral, in bestehenden Anlagen, in allen vier Sprachregionen und weitgehend privat finanziert stattfinden.

Der Kanton Graubünden begrüsste die Idee von dezentralen, nachhaltigen Olympischen Winterspielen grundsätzlich. Die Spiele seien aber nur dann durchführbar, wenn bestehende Infrastrukturen zum Zug kommen würden, teilte die Bündner Regierung auf Anfrage mit.

In der am Mittwoch vorgestellten Machbarkeitsstudie sind mit der Lenzerheide (Biathlon), St. Moritz-Celerina (Bob/Skeleton/Rennrodeln) und St. Moritz-Engadin (Freestyle) drei Wettkampforte in Graubünden angedacht. Fragen zu den Kosten und deren Finanzierung sowie Verkehrs- und Sicherheitsaspekte müssten aber noch geklärt werden, hiess es beim Kanton weiter.

Diese Abklärungen seien für die Bündner Regierung zentral, da die Stimmbevölkerung sich 2013 und 2017 gegen olympische Pläne ausgesprochen hatte. Heute gelte es, aufgrund des dezentralen, nachhaltigen Konzepts und der neuen Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eine Neubeurteilung im Zusammenhang mit einer nationalen Kandidatur zu machen.

Bund sieht Kandidatur positiv

Auch die Walliser Kantonsregierung unterstützt eine Durchführung. Die Ergebnisse der am Mittwoch veröffentlichten Machbarkeitsstudie von Swiss Olympic seien sehr ermutigend, hiess es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zuletzt erteilte das Stimmvolk einer Doppel-Kandidatur der Kantone Wallis und Graubünden für die Winterspiele 2026 bei kantonalen Abstimmungen eine Abfuhr.

Bundesrätin und Sportministerin Viola Amherd steht Bemühungen um die Durchführung von nachhaltigen Olympischen Winterspielen in der Schweiz laut dem Bundesamt für Sport (Baspo) grundsätzlich ebenfalls positiv gegenüber. In den vergangenen Jahren habe der Bundesrat ähnliche Bestrebungen ebenfalls befürwortet. Fragen zu allfälligen Leistungen des Bundes bei einer Kandidatur könnten derweil noch nicht beantwortet werden.

Mitsprache, Kosten und Nachhaltigkeit

Die Parteien sind sich über eine Unterstützung einer Schweizer Kandidatur derweil uneins. Bei den gescheiterten Kandidaturen für Graubünden 2022 und Wallis 2026 habe es grosse Bedenken bezüglich Auflagen des Olympischen Komitees, der Gesamtkosten und der Mitfinanzierung durch die Schweizer Steuerzahler gegeben, teilte etwa die SVP auf Anfrage mit. Die SVP sei der Meinung, dass zuerst die betroffene Bevölkerung in einer kantonalen Abstimmung der Olympia-Kandidatur zustimmen müsse, bevor sich die nationalen Räte mit der Kandidatur befassen.

Auch die Grünen betonen auf Anfrage von Keystone-SDA, dass die Bevölkerung eingebunden werden müsse. Zudem könnten Olympische Winterspiele in der Schweiz nur unter Anwendung eines dezentralen Ansatzes möglich sein, hiess es weiter. Man müsse «weg vom Gigantismus der letzten Ausführungen», die Spiele müssten nachhaltig sein. Dass die Spiele ohne öffentliche Gelder auskommen könnten, sehen die Grünen derweil als nicht realistisch an - genauso wie eine Kandidatur bereits für 2030.

Die Mitte betonte in ihrer Stellungnahme ebenfalls, dass die Nachhaltigkeit der Spiele im Zentrum stehen müsse. Ein solcher Fokus sei zentral, unter anderem, um das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Man sei offen für eine Durchführung in der Schweiz, wenn die Spiele konsequent den Ansatz einer dezentralen Durchführung und einer weitgehend privaten Finanzierung einhalten.

Die FDP nahm die Machbarkeitsstudie von Swiss Olympic derweil grundsätzlich positiv zur Kenntnis. Für einen breit abgestützten Positionsbezug müssten die Olympia-Pläne aber in weiteren Parteigremien thematisiert werden. Die SP-Bundeshausfraktion wiederum werde die Frage zu einem gegebenen Zeitpunkt diskutieren, hiess es am Mittwoch auf Anfrage.

Zahlreiche Kandidaturen gescheitert

Der Dachverband Swiss Olympic beantragt dem Sportparlament, das am 24. November in Ittigen BE seine Jahresversammlung abhalten wird, die Schweizer Kandidatur formal zu beschliessen. Bereits für den November plant auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Dialog mit möglichen Olympia-Gastgebern aufzunehmen. Neben der Schweiz haben für 2030 Frankreich und Schweden Interesse signalisiert.

In der Schweiz fanden bislang zweimal Winterspiele statt, 1928 und 1948 in St. Moritz GR. Danach kam keine der regelmässigen Schweizer Kandidaturen mehr zum Zug. Unter anderem hatten die Bewerbungen von Sitten VS für die Austragungen 2002 und 2006 bei der IOC-Abstimmung das Nachsehen. Später geplante Kandidaturen scheiterten bereits am Nein des Stimmvolks in Bern, Graubünden und im Wallis.

(AWP)