«Insgesamt wird der Kantonswechsel kein Erdbeben auslösen. Der Übergang sollte harmonisch verlaufen», sagte der Direktor der jurassischen Industrie- und Handelskammer, Pierre-Alain Berret. Ganz übereinstimmend sind die Gesetze in den Kantonen Bern und Jura allerdings nicht. Während etwa im Kanton Bern kein kantonaler Mindestlohn gilt, beträgt dieser im Jura 21,40 Franken pro Stunde.
Alle Industrieunternehmen, die keinen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) haben, müssen diesen Mindestlohn einhalten. Viele betroffene Branchen haben aber bereits einen GAV, sagt Rébecca Lena, Regionalsekretärin der Gewerkschaft Unia. Dazu gehört der Werkzeugmaschinenhersteller Tornos, eines der grössten Unternehmen in Moutier.
«Auch das Handwerk, das Baugewerbe und das Gastgewerbe haben einen GAV, der allgemeinverbindlich ist», sagt die Gewerkschafterin. Veränderungen gibt es hingegen im Einzelhandel, wo sich die Unternehmen an den Normalarbeitsvertrag halten müssen. Für die Gewerkschaft bedeutet das Aufklärungsarbeit für die Arbeitgeber, aber auch für die Arbeitnehmenden, erklärt Lena.
Analyse zur Gleichstellung
Neu müssen viele Unternehmen in Moutier künftig jedes Jahr eine Lohngleichheits-Analyse durchführen, um die kantonalen Anforderungen an die Lohngleichheit zu erfüllen. Damit soll ersichtlich werden, ob die Gleichstellung von Mann und Frau auf Lohnebene eingehalten wird.
Betroffen sind Unternehmen mit 50 bis 99 Beschäftigten und Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten, wenn sie eine staatliche Subvention von mehr als 20'000 Franken erhalten oder sich um einen öffentlichen Auftrag im Wert von mehr als 100'000 Franken bewerben.
Im Kanton Bern wie auch in der übrigen Schweiz müssen alle Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten eine solche Analyse durchführen. Wenn man diese Schwelle wie im Jura auf 50 Beschäftigte senke, könnten viel mehr Unternehmen erreicht werden, erklärte Leïla Hanini, die Gleichstellungsbeauftragte des Kantons Jura.
Die Wirtschaftsstruktur im Kanton Jura ist eher KMU-dominiert. Damit gehe das Bundesgesetz, das Unternehmen mit 100 oder mehr Beschäftigten ins Visier nehme, ein wenig an der jurassischen Realität vorbei, stellt die jurassische Beauftragte für die Gleichstellung von Frauen und Männern fest.
Die Beziehungen intensivieren
Laut Pierre-Alain Berret könnten sich die Beziehungen der Unternehmen in Moutier und im Jura künftig intensivieren. «Es wird auch an uns liegen, daran zu arbeiten», sagt er.
Wie die Gewerkschaft Unia Transjurane sind auch zahlreiche Arbeitgeberverbände bereits in beiden Kantonen aktiv, sodass diese Organisationen mit dem Kantonswechsel weder Mitglieder verlieren noch hinzugewinnen werden.
(AWP)