Bis zum Ende des laufenden Jahres werden nach Hochrechnungen der Wirtschaftsauskunftei 23'900 Unternehmen Insolvenz angemeldet haben. Das wären über acht Prozent mehr als im Vorjahr.
Im Jahr 2014 hatten nach amtlichen Angaben fast 24'100 Unternehmen hierzulande aufgegeben. Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2025 gibt es im kommenden März.
Mittelstand unter Druck
«Viele Betriebe sind hoch verschuldet, kommen schwer an neue Kredite und kämpfen mit strukturellen Belastungen wie Energiepreisen oder Regulierung», sagt Hantzsch. Das setze vor allem Mittelständler unter Druck.
Zumeist trifft es Firmen mit höchstens zehn Beschäftigten, die vier von fünf Insolvenzen ausmachen. Aber auch 140 grössere Unternehmen rutschten 2025 in die Pleite - zum Beispiel mehrere Klinikbetreiber.
Über alle Insolvenzen hinweg summiert sich der Schaden auf rund 57 Milliarden Euro und liegt damit nur knapp unter dem hohen Vorjahreswert (59,1 Mrd Euro). Geschätzt 285'000 Arbeitsplätze sind durch Insolvenzen in diesem Jahr bedroht oder weggefallen.
Bei den Firmenpleiten stiegen die Pleitezahlen besonders deutlich im verarbeitenden Gewerbe und im Handel. Die zahlenmässig meisten Insolvenzen mit mehr als 14'000 entfielen auf das Dienstleistungsgewerbe, zu dem etwa die Gastronomie zählt.
Insolvenzahlen steigen nicht mehr so stark wie nach Corona
Ein kleiner Lichtblick: Die Unternehmensinsolvenzen sind im laufenden Jahr nicht mehr so rasant gestiegen wie in den Jahren zuvor. Nachdem die staatlichen Hilfen der Corona-Pandemie ausgelaufen waren, die vielen Betrieben das Überleben gesichert hatte, legten die Zahlen 2023 und 2024 sprunghaft um jeweils fast ein Viertel zu.
Viele Ökonomen rechnen damit, dass die staatlichen Milliardeninvestitionen in Infrastruktur wie Strassen und Schienen sowie in Verteidigung 2026 das Wirtschaftswachstum ankurbeln werden. Das könnte nach Einschätzung von Creditreform den Anstieg der Insolvenzen zumindest bremsen.
«Bis die Infrastrukturbooster des Bundes angekommen sind, wird es aber dauern», prognostiziert Hantzsch. Zudem löse Geld strukturelle Probleme nicht: «Mit Geld kann man zwar Rechnungen bezahlen, aber damit wird man nicht automatisch rentabler.» Die Liste der Belastungen ist lang: hohe Energiepreise, viel Bürokratie, zurückhaltende Konsumenten, Handelsbarrieren.
Konsumflaute im Detailhandel
Im aktuellen Umfeld halten sich viele Menschen mit Anschaffungen, die nicht unbedingt notwendig sind, zurück. Im Detailhandel gibt es so viele Insolvenzen, wie seit Jahren nicht. Betroffen unter anderem: der Schuhhändler Görtz, der Modehersteller Gerry Weber und der Herrenausstatter Wormland.
2490 Insolvenzen im Detailhandel zählte der Kreditversicherer Allianz Trade zwischen August 2024 und August 2025 - fast so viele wie vor neun Jahren, als mit 2520 Fällen ein Negativrekord aufgestellt wurde.
Autokrise und US-Zölle
Gleich ein ganzes Bündel an Problemen macht der Automobilbranche zu schaffen: US-Zölle, chinesische E-Auto-Konkurrenz, Absatzflaute. Binnen eines Jahres wurden in der deutschen Automobilbranche fast 50'000 Jobs gestrichen. Reihenweise rutschten Zulieferer in die Pleite.
Allianz Trade erwartet im kommenden Jahr ausserdem weltweit mehr Unternehmenspleiten - weil höhere US-Zölle mit voller Wucht auf exportorientierte Volkswirtschaften durchschlagen. Das Risiko von Dominoeffekten nehme zu./ben/DP/stw
(AWP)