Bisher gab es keine Messstellen, welche in den 45'000 Kilometer langen kleinen Bächen und Bächlein der Schweiz die Wasserqualität über längere Zeiträume überwachten.

Von März bis August 2015 waren deshalb gegen 1800 Wasserproben gesammelt worden. Die Auswertung der Analysen wurde nun am Dienstag in zwei Fachartikeln in der Zeitschrift Aqua&Gas veröffentlicht, wie das Forschungsinstitut Eawag mitteilte.

Der Verdacht, dass die kleinen Gewässer stark mit Pflanzenschutzmitteln belastet sind, habe sich dabei erhärtet. 128 verschiedene Wirkstoffe aus Acker-, Gemüse- Obst- und Rebbau seien nachgewiesen worden, 61 Herbizide, 45 Fungizide und 22 Insektizide.

In 80 Prozent der Proben sei die Anforderung der Gewässerschutzverordnung von mindestens einem Stoff nicht eingehalten worden. In allen fünf untersuchten Bächen sei dies sogar während über 60 Tagen, im Weierbach (BL) und im Eschelisbach (TG) sogar während der gesamten sechsmonatigen Studiendauer der Fall gewesen.

Weil der geltende Maximalwert pro Einzelstoff in der Gewässerschutzverordnung über das wahre Risiko für Organismen zu wenig aussage, haben die Forschenden die Analysedaten auch mit ökotoxikologischen Qualitätskriterien verglichen. Zusätzlich wurden Biotests mit Algen und Bachflohkrebsen durchgeführt und die Vielfalt an wirbellosen Tieren untersucht.

Die Resultate liessen gemäss Eawag wenig Interpretationsspielraum: In allen Gewässern seien Qualitätskriterien zur chronischen Ökotoxizität teilweise um ein Vielfaches überschritten worden, im Minimum während zwei Wochen im Tessin, und maximal bis zu fünfeinhalb Monate lang in Basel-Land und Thurgau.

In vier Gewässern seien selbst Konzentrationen überschritten worden, ab denen der Pestizidmix für empfindliche Organismen ein akuttoxisches Risiko darstelle, so maximal über zwei Monate hinweg im Wallis.

Die in einem der Bäche ausgesetzten Bachflohkrebse hätten einhergehend mit hohen Pestizidkonzentrationen erhöhte Mortalitätsraten und lethargisches Verhalten gezeigt. Die Bewertung habe an Stellen die Noten unbefriedigend und schlecht ergeben

Die niedrigste Belastung sei an der Tessiner Messstelle festgestellt worden, da das betreffende Einzugsgebiet eine im Vergleich geringere Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung aufweise.

Die Ergebnisse bestätigen laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), dass Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft neben den Mikroverunreinigungen, die via Kläranlagen ins Gewässer gelangen, die aktuell bedeutendsten stofflichen Verunreinigungen der Schweizer Oberflächengewässer sind. Dies gelte vor allem in den kleinen Bächen. Sie seien von speziellem Interesse, da sie als Rückzugsort und "Kinderzimmer" für Wasserlebewesen dienten, so insbesondere für Fische.

Mit den kürzlich vom Parlament beschlossenen technischen Massnahmen könne der via Kläranlagen anfallende Teil an Mikroverunreinigungen halbiert werden. Nun gilt es laut Stephan Müller, Leiter der Abteilung Wasser im BAFU, auch die Verunreinigung mit den Pflanzenschutzmitteln deutlich zu reduzieren.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, wie er unter Federführung des Bundesamtes für Landwirtschaft erarbeitet werde und in dem der Gewässerschutz ein prioritäres Thema sei. Weiter seien die Anwender gefordert, mit diesen Umweltgiften sorgfältig umzugehen und sie so wenig wie möglich einzusetzen.

Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) haben das Eidgenössische Forschungsinstitut Eawag und das Ökotoxzentrum zusammen mit den fünf Kantonen Thurgau, Basel-Landschaft, Bern, Wallis und Tessin sowie dem Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) fünf Fliessgewässer genauer unter die Lupe genommen.

(SDA)