Ein vom Obersten Gerichtshof beauftragter Staatsanwalt hatte am Dienstag eine Anklageschrift gegen den ehemaligen Staatschef eingereicht. Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger Präsident in Kolumbien sich vor Gericht verantworten muss.

Der rechtskonservative Politiker, der in dem südamerikanischen Land Präsident zwischen 2002 und 2010 war, sagte am Mittwoch in einer Videobotschaft, er habe nie versucht, Zeugenaussagen zu verändern oder Zeugen zum Schweigen zu bringen. «Dieser Prozess wird aufgrund politischer Vermutungen, aus politischer Rache und ohne Beweise geführt.» Ein Gerichtstermin wurde bisher nicht mitgeteilt. Während des Verfahrens werde er in Freiheit bleiben, da die Staatsanwaltschaft keinen Antrag auf einen Haftbefehl stellen werde, berichtete die kolumbianische Zeitung «El Tiempo».

Uribe und seine Familie werden beschuldigt, Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen gehabt zu haben, die in Kolumbien zahlreiche Verbrechen begingen. Dafür soll der heute 71-Jährige Zeugen bestochen und unter Druck gesetzt haben, um sie zum Schweigen zu bringen. 2020 wurde er unter Hausarrest gestellt, um zu verhindern, dass er Ermittlungen der Justiz behindert. Nachdem er seinen Sitz im Senat aufgab, kam er nach knapp zwei Monaten wieder frei, weil dadurch die Ermittlungen vom Obersten Gericht zur Staatsanwaltschaft abwanderten.

Uribe ist in Kolumbien sehr umstritten. Seine Anhänger verehren ihn wegen seiner Politik der harten Hand gegen linke Guerillaorganisationen. Gegner machen ihn für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen während seiner Amtszeit verantwortlich. Das südamerikanische Land litt jahrzehntelang unter einem bewaffneten Konflikt zwischen den Streitkräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs. Bei den Auseinandersetzungen kamen mehr als 250 000 Menschen ums Leben, mehr als sieben Millionen Bewohner wurden innerhalb Kolumbiens vertrieben./ppz/DP/stw

(AWP)