Die Anleger blickten weiter vor allem nach London: Die Gegner eines ungeordneten Austritts Grossbritanniens aus der Europäischen Union (EU) hatten Premierminister Boris Johnson zuletzt eine schwere Niederlage zugefügt. 328 Abgeordnete stimmten am Dienstagabend für einen Beschluss, der den Weg für ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit ebnet - 301 waren dagegen. Bereits an diesem Mittwoch soll der Entwurf durchs Unterhaus gepeitscht werden.

Johnson will derweil am 15. Oktober ein neues Parlament wählen lassen, sollten ihm die Abgeordneten den Weg zum No-Deal-Brexit versperren. Der Premierminister ist auf die Zustimmung der Opposition angewiesen, um eine Neuwahl auszulösen. Denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig.

Im Tagesverlauf testete der Dax am Mittwoch die 50-Tage-Linie, die als Indikator für den mittelfristigen Trend gilt. Die Chancen stünden aus charttechnischer Sicht nach wie vor gut, dass der Leitindex nun nachhaltig einen Richtungswechsel nach oben vollziehe, schrieb Analyst Andreas Büchler vom Börsenmagazin Index Radar. Zwar befinde sich diese Bewegung noch im Frühstadium und sei entsprechend unsicher, doch positive Zeichen für eine Erholung kämen gleich von mehreren Zeitebenen.

In Europa ging es für den EuroStoxx 50 um 0,88 Prozent nach oben. In Frankreich stieg der Cac 40 um 1,21 Prozent. Der Londoner FTSE 100 ging mit plus 0,59 Prozent aus dem Handel. In den USA stand der Dow Jones zum europäischen Börsenschluss mit 0,79 Prozent im Plus.

Die Aktienmärkte reagierten auch positiv darauf, dass die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam nach monatelangen Protesten den Entwurf für das umstrittene Gesetz für Auslieferungen nach China zurückziehen will. Der Hongkonger Hang-Seng-Index war daraufhin deutlich in die Höhe geschnellt, nachdem er im August stark unter den Demonstrationen gelitten hatte.

Bei den Unternehmen war die Autobranche als konjunktursensibler Sektor gefragt: So gehörten Daimler , VW und BMW im Dax zu den grösseren Gewinnern.

Den ersten Platz im Dax hatten allerdings die Anteilsscheine von Wirecard inne, die ein Plus von gut viereinhalb Prozent schafften. Der Zahlungsabwickler erweiterte den jüngsten Reigen an Kooperationsmeldungen um die japanische Mizuho Bank. Zudem gab es von Analystenseite einigen Auftrieb.

Thyssenkrupp zieht derweil auch einen Komplettverkauf der Aufzugssparte in Erwägung. Mit dem Schritt ändert der kriselnde Industriekonzern seine Pläne für den profitablen Geschäftsbereich deutlich, die Sparte gilt als Ertragsperle und wird deutlich höher bewertet als das Gesamtunternehmen. Bisher war ein Teilbörsengang geplant. Für die Aktien ging es um knapp dreieinhalb Prozent nach oben.

Im MDax konnten die Aktien von Delivery Hero ihre frühen Gewinne trotz einer erhöhten Umsatzprognose nicht halten. Waren die Papiere noch kurz nach Handelsbeginn um mehr als sieben Prozent auf den höchsten Stand seit Ende August 2018 gesprungen, drifteten sie über den Tag in die Verlustzone ab. Zum Börsenschluss fanden sie sich mit einem Minus von eineinhalb Prozent am MDax-Ende wieder. Der Essenslieferant wird zwar wegen steigender Bestellungen und neuer Kunden ein wenig zuversichtlicher für die Erlöse in diesem Jahr. Einem UBS-Analysten zufolge könnte die erwartete operative Gewinnentwicklung im wichtigen Geschäft in Nahost und Nordafrika den Anlegern aber Sorgen bereiten.

Die Aktien des Staplerherstellers Kion erklommen mit einem Plus von 5,71 Prozent die Spitze im MDax. Anders als bei Jungheinrich zeichnet sich hier eine Bodenbildung ab: Die 21-Tage-Linie wurde klar überwunden und ein neues Zwischenhoch markiert.

Die Anteilsscheine von Isra Vision hatten im Nebenwerte-Index SDax mit einem Plus von fast 13 Prozent die Nase vorn. Das Geschäft des Spezialmaschinenbauers sei während des gesamten Zyklus extrem robust, schrieb der Analyst Martin Comtesse vom Investmenthaus Jefferies.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,73 Prozent am Vortag auf minus 0,67 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,29 Prozent auf 147,02 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,21 Prozent auf 178,46 Punkte.

Der Euro kostete zuletzt 1,1027 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,1018 (Dienstag: 1,0937) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9076 (0,9143) Euro./kro/fba

--- Von Lutz Alexander und Karolin Rothbart, dpa-AFX ---

(AWP)