Der Anstieg der mittleren Monatsprämie 2024 beläuft sich damit auf 28,70 Franken, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag mitteilte. Es ist der grösste seit 2010. Die markanteste Erhöhung gibt es im Tessin mit 10,5 Prozent, die geringste mit 6,5 Prozent in Basel-Stadt und Appenzell-Innerrhoden.

Für Erwachsene steigen die Krankenkassenprämien um 33,80 Franken oder 8,6 Prozent auf 426,70 Franken im Monat. Junge Erwachsene müssen 300,60 Franken und damit 23,80 Franken oder 8,6 Prozent mehr zahlen. Die Monatsprämien für Kinder verteuern sich um 8 Franken oder 7,7 Prozent auf durchschnittlich 111,80 Franken.

Gesundheitsminister und Bundespräsident Alain Berset sagte bei der letzten Prämienpräsentation seiner Karriere vor den Bundeshausmedien, er bringe eine «schlechte Nachricht für die bereits teuerungsgeplagten Haushalte». BAG-Direktorin Anne Lévy sekundierte, der starke Anstieg sei ein Warnsignal an alle.

Kostenanstieg 2023 um 5,3 Prozent

Die Kosten stiegen seit dem zweiten Halbjahr 2021 und besonders im Verlauf des Jahrs 2023 stärker als erwartet. Im ersten Halbjahr 2023 resultierte ein Plus von 6,4 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die Krankenkassen rechnen für das ganze Jahr 2023 mit einem Kostenanstieg von 5,3 Prozent und für 2024 mit einem weiteren um 3,4 Prozent.

Die Kosten müssten mit höchster Priorität gesenkt werden, sagten Berset und Lévy. Unnötige Behandlungen müssten verhindert werden. Die Steuerung des Gesundheitssystems sei indessen zersplittert, erklärte Berset.

Ans Parlament richtete Berset die Kritik, kostendämpfende Massnahmen zu verzögern oder zu schwächen. «Überall wo es wirksam gewesen wäre, nahm das Parlament die wirksamen Elemente weg», bilanzierte er.

Dass die Prämien in den Kantonen unterschiedlich stark steigen, kommentierte BAG-Vizedirektor Thomas Christen lakonisch: «Kantonale Prämien müssen die kantonalen Kosten decken». Lévy verwies in diesem Zusammenhang auf die Spitalangebote.

Prämien decken Kosten nicht

Ausschlaggebend für die Prämienerhöhung 2024 sind die Kosten. Mehr Arztbesuche und ambulante Spitalleistungen sowie mehr und teurere Medikamente verursachten den Schub. Die Prämieneinnahmen decken 2023 die Kosten von etwa 35 Milliarden Franken zulasten der Krankenkassen nicht. Das war schon 2022 der Fall.

Die ambulanten Spitalleistungen kosteten 2022 pro versicherter Person 8,5 Prozent mehr. Dieser Posten macht 19 Prozent der Gesamtkosten aus. Den starken Anstieg führt das BAG teilweise auf Abrechnungsverzögerungen wegen neuer Tarifstrukturen zurück.

Arztbesuche verzeichneten eine Kostensteigerung um 5,1 Prozent, wobei die Zahl der Besuche gleich hoch blieb. Medikamente mit einem Kostenanteil von 22 Prozent verteuerten sich im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent. Krebsmedikamente, Immunsuppressiva und Antidiabetika waren für die Hälfte des Kostenwachstums verantwortlich.

Prämienanstieg schlägt nicht durch

Neben dem Kostenschub führen die Bundesbehörden die Prämienerhöhung 2024 auf die nicht voll bei den Kassen angelangte Erhöhung um 6,6 Prozent im laufenden Jahr zurück.

Viele Versicherte wechselten den Grundversicherer oder wählten eine höhere Franchise. So kamen nur 5,4 Prozent höhere Prämien bei den Versicherern an. Diese tieferen Prämieneinnahmen schlagen sich nun im Prämienanstieg 2024 nieder. Schliesslich musste auch noch der Kostenanstieg 2024 eingerechnet werden.

Starke Nachholeffekte nach der Covid-19-Pandemie verstärkten diese Effekte noch. Das führte 2022 zu einem Verlust von 1,7 Milliarden Franken für die Versicherer. Der Kapitalmarkt brockte ihnen zudem einen Anlageverlust von 1,8 Milliarden ein.

Die Verluste deckten die Kassen aus den Reserven. Die Reserven sanken damit in der ganzen Branche auf 8,5 Milliarden Franken, was zwar ausreicht. Polster zur Dämpfung der Prämienentwicklung sind aber nicht mehr vorhanden.

(AWP)