Heute werden ambulante Behandlungen allein von den Krankenkassen bezahlt, aus Prämiengeldern. Stationäre Leistungen werden zu mindestens 55 Prozent von den Kantonen finanziert. Den Rest bezahlen die Kassen. Und für die Langzeitpflege gelten spezifische Regeln.
Ziel der komplexen Monismus-Vorlage ist es, die Finanzierung der Gesundheitsleistungen einheitlich zu regeln. Krankenkassen und Kantone sollen die von der Grundversicherung gedeckten ambulanten und stationären Behandlungen gemeinsam bezahlen.
Der Nationalrat entschied nun, dass die Kantone für mindestens 28,6 Prozent und die Krankenversicherer über die Prämien höchstens für 71,4 Prozent der Leistungen aufkommen sollen - und zwar unabhängig davon, wo und von wem diese erbracht werden.
In der ersten Beratungsrunde hatte der Nationalrat die Kantone zur Übernahme von mindestens 25,5 Prozent der Nettokosten verpflichten wollen. Der Ständerat hatte im Dezember 2022 einen Kantonsanteil von 26,9 Prozent beschlossen. Abgezogen werden die Anteile der Patienten. Beide Räte wollen dieses Nettoprinzip.
Angst vor weiterem Prämienschub
Ursprünglich hatte der Nationalrat die Langzeitpflege vom Systemwechsel ausgeklammert. Das missfiel den Kantonen. Nun kam die grosse Kammer auf ihren Entscheid zurück: Wie der Ständerat und der Bundesrat will auch sie die Langzeitpflege - also Leistungen von Hilfs- und Pflegediensten zu Hause oder in Alters- und Pflegeheimen - in den sogenannten Monismus einbeziehen.
Sie stellt aber Bedingungen. Erstens müssen die Tarife im Pflegesektor auf einer einheitlichen und transparenten Kostenbasis festgelegt sein; zweitens muss die Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» vollständig umgesetzt sein.
«Ohne die Integration der Pflege versenken wir die Vorlage», sagte Kommissionssprecher Lorenz Hess (Mitte/BE). Nur die SVP stimmte geschlossen Nein. Ein Systemwechsel würde weitere Kosten in die obligatorische Krankenversicherung überwälzen - und die Prämien weiter erhöhen, gab Thomas de Courten (SVP/BL) zu bedenken.
Komplexe Vorlage
Bei der gewichtigen Reform der Finanzströme im Gesundheitssystem gibt es noch zahlreiche weitere Differenzen. Beispielsweise beschloss der Nationalrat ergänzend zum Ständerat, dass die Beiträge der Versicherten an die Kosten der Pflegeleistungen von den Kantonen übernommen werden sollen.
Weiter soll die Höchstdauer der Akut- und Übergangspflege gemäss Entscheid des Nationalrats nicht verlängert werden. Auch soll die obligatorische Grundversicherung die Aufenthaltskosten nicht übernehmen. Eine solche Massnahme würde erhebliche Zusatzkosten verursachen und ein ohnehin schon heikles Projekt noch weiter verkomplizieren, lautete der Tenor.
Im Gegensatz zum Ständerat beschloss der Nationalrat weiter, den Kantonen nicht die Möglichkeit einzuräumen, die Kostenübernahme zu verweigern, wenn die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Darüber hinaus hat der Nationalrat beschlossen, dass die Kantone für Leistungen der Grund- und der Notfallversorgung Tarifzuschläge festsetzen können. Diese sind durch Abschläge bei den kantonalen Tarifen für medizinische Spezialleistungen auszugleichen.
Mehrere Jahre Zeit zur Umsetzung
Ausgearbeitet hat die Vorlage die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N); den Anstoss gab die frühere Nationalrätin Ruth Humbel (Mitte/AG) 2009 mit einer parlamentarischen Initiative. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.
Unter dem Strich soll die «Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär» (Efas) kostenneutral sein. In einigen Kantonen kann sie allerdings zu Verlagerungen von Steuern auf Prämien und umgekehrt führen, wie die SGK-N im Bericht zur Vorlage festhielt. Pro Kanton sei Efas aber ebenfalls kostenneutral.
Für die Umstellung auf den Monismus will das Parlament den Kantonen mehrere Jahre Zeit geben. Es bleibe damit auch Zeit, um in der Pflege die nötige Kostentransparenz zu schaffen, so die Idee.
mk/
(AWP)