«Die Lonza schient ihren Weg gefunden zu haben», sagte der Blattener Gemeindepräsident Matthias Bellwald an einer Medienkonferenz am Samstag im Nachbardorf Ferden. Es liege aber in der Natur der Sache, dass bei starker Schneeschmelze das Wasser auch wieder steigen könne.
Das Kleine Nesthorn erodiere weiter, so Bellwald weiter: «Der Berg hat seine Mitte noch nicht gefunden.» Derzeit handle es sich jedoch um kleine Abbrüche.
Einen Meter tiefer
Der Pegelstand des hinter dem Schuttkegel aufgestauten Sees sei inzwischen ungefähr einen Meter tiefer als noch am Freitag, erklärte Raphaël Mayoraz, Chef der Dienststelle Naturgefahren des Kantons Wallis. Das Volumen des Sees betrage damit nun rund 800'000 Kubikmeter Wasser statt wie zuvor rund eine Million Kubikmeter.
Der Schutt erodiere dort, wo das Wasser fliesse, nur langsam, so Mayoraz: «Und das ist gut so». Denn sonst könnte es zu Murgängen kommen. Zwar brauche es nun Geduld, aber die Situation sei etwas besser als noch am Freitag.
Für die talabwärts gelegenen Dörfer ist den Angaben zufolge die Gefahr etwas gesunken. «Sie war schon vorher nicht sehr hoch, und jetzt ist sie noch etwas niedriger», sagte Mayoraz. Er verwies auf den Stausee von Ferden, der im Notfall als Rückhaltebecken dienen soll. Das Niveau des Stausees sei bisher sehr tief.
Schleusen geöffnet
Der Waliser Staatsrat hatte am Freitag die Öffnung des Grundablassystems am Stausee angeordnet. Die Massnahme habe sich bewährt, hiess es am Samstag.
Mayoraz zeigte sich überzeugt, dass im Falle eines grossen Murgangs genügend Zeit für die Evakuation der weiter unten im Lötschental liegenden Dörfer bliebe. Er betonte zudem, dieses Worst-Case-Szenario sei sehr unwahrscheinlich.
Auf eine Journalistenfrage sagte er zudem, die Schleusen des Stausees noch weiter zu öffnen, sei grundsätzlich möglich. Dies würde aber zu mehr Erosion führen, was Probleme verursachen könne. «Wir studieren andere Möglichkeiten, um den Damm zu leeren, zum Beispiel mit Pumpen. Das ist nicht so einfach.» Ausserdem werde man am Sonntag mit einem Helikopter entwurzelte Bäume aus dem Stausee entfernen.
Die Walliser Staatsrätin Franziska Biner machte klar, derzeit würden die Schleusen nicht weiter geöffnet. Die jetzige Abflussmenge könne unten im Tal in Gampel/Steg gut gehandhabt werden.
«Ein ganz neuer Fluss»
Fachleute werden am Sonntag die Lage auf dem Schuttkegel in Blatten VS sondieren, wie Mayoraz weiter erklärte. Man habe beim Schuttkegel nun einen ganz neuen Fluss. Es bestehe die Gefahr, dass das Wasser plötzlich woanders durchfliesse. Schwere Maschinen können dort entsprechend nach wie vor nicht eingesetzt werden.
Der Kegel sei immer noch instabil und seine Masse noch nicht dicht genug, um mit schweren Gerät darauf zu gehen, sagte dazu Mayoraz. Entsprechend ist weiterhin unklar, wann die ins Lötschental entsandten Armeeangehörigen und Zivilschützer mit Aufräumarbeiten beginnen können.
Hoffnung auf ein neues Dorf
Der Blattner Gemeindepräsident Bellwald informierte an der Medienkonferenz auch über die Pläne zum Wiederaufbau seines Dorfes. Den Einwohnerinnen und Einwohnern sei am Freitag die Hoffnung für ein neues Dorf «eingepflanzt worden». Diese zarte Pflanze gelte es nun zu pflegen.
Bellwald kündigte an, bereits an der nächsten Bürgerversammlung vertieft über die Pläne zu informieren und wenn immer möglich auch Angaben zu Zeitplan und Finanzierung zu machen.
Der Verantwortlichen von Blatten wollen ausserdem so bald als möglich eine Anlaufstelle für Familien einrichten, die finanziell in Bedrängnis geraten sind. Ausserdem soll die Wohnungssuche verbessert und unterstützt werden.
Wohnungen gesucht
Es sei nach wie vor nicht gelungen, für alle Familien und Lebensgemeinschaften befriedigende Lösungen zu finden, welche einen Verbleib in der Wohnung als Mieter für mindestens zwei bis drei Jahre in Aussicht stellen, erklärte Bellwald.
Zur Aufrechterhaltung des kulturellen und sportlichen und religiösen Lebens seien die Vereine auf Lokalitäten angewiesen. Man sei im Moment aktiv bemüht, Lösungen mit den Nachbargemeinden zu finden.
Keine Neuigkeiten gab es am Samstag zum nach dem Gletscherabbruch vom Mittwoch vermissten Mann. Die Suche werde fortgesetzt, sagte Bellwald.
Pfister taucht sich mit Betroffenen aus
Verteidigungsminister Martin Pfister besuchte derweil zum zweiten Mal seit dem Gletschersturz das Katastrophengebiet im Lötschental. Er landete am Samstagabend in Wiler, um an einem Treffen mit der betroffenen Bevölkerung teilzunehmen.
Der Helikopter mit Pfister landete gegen 17.40 Uhr in dem Dorf unterhalb von Blatten. Anschliessend nahm Pfister an einem Treffen mit den Bewohnern von Blatten teil. Das Treffen dauerte eine gute halbe Stunde. Die Medien waren nicht zugelassen.
(AWP)