Es sehe nach einem starken Ja-Überhang, sagte gfs-Politologe Lukas Golder im Schweizer Fernsehen SRF. Vor allem in Deutschschweizer Kantonen hätten viele Stimmende zugestimmt. Offenbar hätten die Hausbesitzerinnen und -besitzer die Reihen geschlossen am Ende der Kampagne. Im Vorfeld war mit einem knappen Resultat gerechnet worden.

Abgestimmt wurde allerdings nicht über den Eigenmietwert, sondern über eine neue Sondersteuer für selbstbewohnte Zweitliegenschaften. Weil dafür die Verfassung angepasst werden muss, braucht es ein Ja von Volk und Ständen. Und dieses Ja machte das Parlament zur Voraussetzung für die Abschaffung des unbeliebten Eigenmietwerts.

Der Abstimmungssieg geht damit voraussichtlich an den Hauseigentümerverband, Wirtschaftsverbände sowie SVP, FDP und Mitte. Und das, obwohl Hauseigentümerinnen und -eigentümer in der Schweiz gegenüber Mietenden in der Minderzahl sind. Mit einem millionenschweren Kampagnenbudget hatten sie den ungeliebten Eigenmietwert bekämpft.

Mit dem Eigenmietwert werden auch die meisten Abzüge für Schuldzinsen und Sanierungen von Eigenheimen abgeschafft. Die Befürworter argumentierten, dass mit der starken Begrenzung der Abzugsmöglichkeiten das Steuersystem einen Anreiz verliere, hohe Hypotheken und damit eine Verschuldung lange beizubehalten.

Der Hauseigentümerverband hatte eine heute ungerechte Überbesteuerung kritisiert. Gerade im Pensionsalter, wenn das Einkommen sinke, schlage der Eigenmietwert für Hausbesitzerinnen und -besitzer durch. Der Eigenmietwert werde in den kommenden Jahren deutlich steigen, war von Befürwortern weiter zu hören. Denn die Kantone entschieden über die Höhe dieser Steuer.

Das Abstimmungsergebnis beendet eine jahrelange Debatte über den ungeliebten Eigenmietwert. In den letzten rund 25 Jahren scheiterten nicht weniger als drei Anläufe an der Urne, die Steuer auf dem fiktiven Einkommen loszuwerden. Weitere Abschaffungsversuche im Parlament blieben ebenso ohne Erfolg.

Im gegnerischen Lager befanden sich die Kantone und besonders die Gebirgskantone, SP und Grüne, der Mieterinnen- und Mieterverband, Verbände wie etwa Bauenschweiz und Swisscleantech sowie der Gemeindeverband. Die Linke warnte vor höheren Steuern, für die auch Mieterinnen und Mieter aufkommen müssten.

Die Gebirgskantone befürchteten grosse Einnahmenverluste ohne den Eigenmietwert auch für Zweitwohnungen. Die Kantone müssen nun entscheiden, ob sie die Zweitwohnungssteuer einführen wollen oder nicht. Die Konferenz der Kantonsregierungen nannte diese neue Sondersteuer vor dem Urnengang «keine befriedigende Lösung».

Für die Baubranche muss sich nun zeigen, ob Hausbesitzerinnen und -besitzer ihre Liegenschaften auch in Schuss halten, wenn sie die Kosten für Unterhalt und Sanierungen nicht mehr von den Steuern absetzen können. Ebenso muss sich zeigen, wie energetische Sanierungen vorankommen, wenn beim Bund die Abzüge dafür fallen.

(AWP)