Die Grünen Schweiz und die GLP reagierten mit Empörung auf den Bundesratsentscheid. Sie werfen der Landesregierung vor, den Volkswillen zu missachten. Eine zukunftsweisende Energiepolitik setze auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz, wird die Berner Grünen-Nationalrätin Aline Trede in einer Mitteilung der Partei zitiert.

Die Bevölkerung habe im Mai 2017 mit 58 Prozent Ja-Stimmen den schrittweisen Atomausstieg besiegelt, rief die GLP zur Erinnerung. Und sie habe sich erst im Juni dieses Jahres mit einem Ja-Anteil von 69 Prozent deutlich dafür ausgesprochen, voll auf erneuerbare Energie zu setzen. Von einem «Holzweg», auf dem sich der Bundesrat befinde, sprach die Umweltorganisation Greenpeace im Online-Portal X.

Für die Schweizerische Energiestiftung (SES) sabotiert der Bundesrat die Energiewende. «Der beabsichtigte Gegenvorschlag, mit dem das AKW-Neubauverbot aus dem Gesetz gestrichen werden soll, steht im scharfen Kontrast zum Willen der Schweizer Bevölkerung», schrieb die SES.

Auch die SP stellt sich klar gegen den Bundesratsentscheid zum Bau neuer Atomkraftwerke. Sie nennt ihn einen «verantwortungslosen Rückschritt», der den Ausbau der erneuerbaren Energien blockiere.

Energieminister Albert Rösti wolle mit seinem Gegenvorschlag zur Blackout-Initiative das AKW-Verbot kippen, hiess es in einer Mitteilung der SP Schweiz. Neue Atomkraftwerke kämen zudem zu spät, seien äusserst teuer, stellten ein grosses Sicherheitsrisiko dar, hinterliessen radioaktiven Abfall und machten die Schweiz abhängig vom Ausland.

Mitte-Präsident: Parteibasis dagegen

Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister kritisiert den Bundesratsentscheid ebenfalls. Die Landesregierung wolle den ablehnenden Volksentscheid offenbar nicht mehr akzeptieren, beklagt er. Und die Stromkonzerne hätten bereits ausgeschlossen, in neue AKW zu investieren. Die Haltung der Parteibasis zum Bau neuer Atomkraftwerke sei weiterhin klar ablehnend.

Neue Atomkraftwerke seien nicht rentabel, sagte Pfister am Mittwoch im Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Wenn AKW aber mit staatlichen Subventionen finanziert werden sollen, dann müsse man darüber diskutieren, wie viel das koste und woher das Geld komme. Es aus dem Topf für erneuerbare Energien zu nehmen, wie von manchen bürgerlichen Politikern gefordert, sei für ihn «absolut ausgeschlossen».

FDP: Vernünftiger Entscheid

Von einem «vernünftigen Entscheid» spricht hingegen der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen auf dem Online-Portal X. Über das Jahr 2050 hinaus brauche die Schweiz eine klimaverträgliche und ganzjährig sichere Stromversorgung. Der «richtige Mix» mache es aus.

Das Nuklearforum Schweiz begrüsst den Beschluss des Bundesrates zum Bau von Atomkraftwerken. Die Aufhebung des Neubauverbots in der Schweiz würde einen wichtigen Schritt hin zu einer sicheren und klimafreundlichen Stromversorgung markieren, wird argumentiert. Allerdings reiche dieser Schritt allein nicht aus.

Neue AKW nicht rentabel

Die Stromversorger BKW und Axpo betonen in ihren Stellungnahmen ihre grundsätzliche Technologie-Offenheit, geben aber zu bedenken, dass neue Atomkraftwerke nicht wirtschaftlich wären.

Neue AKW der bestehenden Generation würden nur dort gebaut, wo der Staat entweder direkt selber baue oder wo die Anlagen in hohem Mass staatlich gefördert würden. Und die sehr hohen Investitionen seien nur bei langfristig hohen Strompreisen rentabel. Davon könne aber auch unabhängig von den politischen Rahmenbedingungen nicht ausgegangen werden, hiess es in einer Mitteilung.

Falls die Gesellschaft zukünftig die Klimaziele erreichen, die Versorgungssicherheit garantieren und einer unverbauten Landschaft höchste Priorität einräumen wolle, könnten aber neue Atomkraftwerke als Teil der Lösung eine Rolle spielen.

(AWP)