Hinter der Konsolidierungswelle stehen Bemühungen der Institute, angesichts der hohen Zinsen ihre Bilanzen zu stärken und Geschäfte zu erweitern, um so im Wettbewerb besser bestehen zu können. Kleinere und mittelgrosse US-Banken mit einer Bilanzsumme zwischen zehn und 100 Milliarden Dollar haben dieses Jahr bereits 38 Deals abgeschlossen, verglichen mit 29 im Vorjahreszeitraum, wie aus Daten der Finanzmarktplattform Dealogic hervorgeht. 2023 war es unter den US-Regionalbanken zu heftigen Turbulenzen gekommen. Die Silicon Valley Bank und weitere US-Institute waren im Zuge der Krise kollabiert.
«Die regionalen Banken müssen sich konsolidieren, um effektiver konkurrieren zu können», sagt etwa Portfolio-Manager Macrae Sykes vom Fondshaus Gabelli Funds. «Es gibt über 4000 Banken, von denen viele in dem heutigen Umfeld nicht wettbewerbsfähig sind.» Aus Daten der Thomson-Reuters-Tochter StarMine geht hervor, dass bei mehr als zwei Drittel der Banken, die im KBW Regional Banking Index notiert sind, die Wahrscheinlichkeit grösser als 50 Prozent ist, dass sie innerhalb der nächsten zwölf Monate übernommen werden. In der Modellrechnung werden den Instituten basierend auf Unternehmensdaten, Kursbewertungen und anderen Faktoren Scorerpunkte verliehen.
Zusammenschlüsse senken die Kapitalkosten der Institute und ermöglichen eine breitere Fächerung der Einlagen - eine wesentliche Finanzierungsquelle für die Institute. Der Regionalbankensektor in den USA steht wegen der gestiegen Zinsen derzeit stark unter Druck. Denn die hohen Leitzinsen dämpfen die Kreditvergabe, heizen den Wettbewerb um Einlagen an und lassen die Verluste bei Gewerbeimmobilienkrediten steigen. Investoren zufolge müssen Banken in diesem Umfeld ihre Ertragsquellen ausbauen und versuchen, Grössenvorteile zu gewinnen.
Aufseher schauen genau hin
Gemessen an der Bilanzsumme ist die Übernahme der Independent Bank Group durch den grösseren Rivalen SouthState der bislang grösste Zukauf in diesem Jahr. Durch den Zusammenschluss entsteht ein Geldhaus mit Vermögenswerten von 65 Milliarden Dollar. Knapp dahinter folgt die Übernahme von Heartland Financial durch den Finanzkonzern UMB Financial, wodurch eine Bank mit einer Bilanzsumme von 64,5 Milliarden Dollar geschaffen wird. Aus Sicht von David Portilla, Partner der Kanzlei Davis Polk & Wardwell, die bei Banken-Fusionen und -Übernahmen berät, könnten die Zinsentwicklung und der Konjunkturverlauf zu noch mehr M&A-Aktivitäten führen.
Laut der Analyse von StarMine-Daten durch die Nachrichtenagentur Reuters gilt die New York Community Bancorp als das Top-Übernahmeziel. Deren Probleme im Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung (CRE) hatte zu Jahresbeginn eine Verkaufswelle bei Bankenaktien ausgelöst. Das Institut erhielt in der Analyse 98 Scorerpunkte. Nach Einschätzung von Brian Mulberry, Portfolio-Manager bei Zacks Investment Management, könnten mittelgrosse Institute wie Fifth Third and Huntington Bancshares kleinere Rivalen schlucken wollen, um besser mit Grossbanken vom Schlage JP Morgan, Bank of America oder Wells Fargo konkurrieren zu können.
Grössere Zukäufe in dem Sektor nehmen die Aufsichtsbehörden allerdings scharf unter die Lupe. Die Aufseher wollen dabei nicht nur wissen, wie sich Transaktionen auf den Wettbewerb, das systemische Risiko oder die betroffenen Gemeinden auswirken. In manchen Fällen berät auch das Justizministerium zu Kartellrechtsfragen. Sowohl die Bundeseinlagenversicherung FDIC als auch die Bankenaufseher vom OCC haben dieses Jahr schärfere Fusionsvorschriften vorgeschlagen. Diesen sollen insbesondere für Vorhaben gelten, durch die Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Milliarden Dollar entstehen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die besten Fusionen grünes Licht erhalten und sich systemische Risiken nicht erhöhen.
(Reuters)