Überraschend landete die als Bewegung für Rechte und Freiheiten der türkischen Minderheit gegründete DPS den Angaben zufolge mit 17,04 Prozent auf dem zweiten Platz.
Das bis März zusammen mit Gerb-SDS regierende liberal-konservative Bündnis PP-DB wurde mit 14,39 drittstärkste Kraft. Trotz Reformversprechen verlor das Bündnis massiv Wählerstimmen. Der Co-Vorsitzende Hristo Iwanow zog am Montag die Konsequenz, indem er alle Parteiämter niederlegte und auch auf sein Parlamentsmandat verzichtete. Der Co-Vorsitzende der PP, Kiril Petkow, verkündete bereits in der Wahlnacht auf Facebook, man werde jetzt «starke Opposition» sein. Die prorussische, populistische und EU-skeptische Wasraschdane (Wiedergeburt) schnitt mit 13,77 Prozent als viertstärkste Kraft ab.
Sieben Parteien ziehen ins nationale Parlament ein
In die neu gewählte Volksversammlung in Sofia werden insgesamt sieben Parteien einziehen. Für eine weitere Überraschung sorgte die kleine, auf nationaler Ebene bislang unbekannte populistische Partei Welitschie (Herrlichkeit), die auf Anhieb mit 4,65 Prozent die Vier-Prozent-Hürde knapp überwinden konnte. Obwohl Welitschie vor einem Jahr als regionale Partei im Nordosten Bulgariens gegründet war, erhielt sie jetzt Stimmen aus dem ganzen Land und auch von Stimmberechtigten im Ausland.
Die aus den früheren Kommunisten hervorgegangenen Sozialisten (BSP) konnten mit 7,05 Prozent ihren bereits in vorherigen Jahren begonnenen Absturz nicht stoppen - bei der Neuwahl 2023 hatten sie noch 8,93 Prozent der Stimmen bekommen. Nur die populistische ITN (Es gibt so ein Volk) konnte mit jetzt 5,96 Prozent ihr Ergebnis verbessern (2023: 4,11 Prozent).
Bei dieser sechsten Parlamentswahl seit April 2021 war die Wahlbeteiligung Angaben von Wahlforschern zufolge sehr niedrig - lediglich weniger als einem Drittel der Stimmberechtigten ging in die Wahllokale.
Schwierige Regierungsbildung befürchtet
Wahlsieger Boiko Borissow (Gerb-SDS) äusserte sich nach der Wahl vorerst nicht zur möglichen Regierungsbildung. Politologen erwarten, dass in dem zersplitterten Parlament die Bildung einer neuen Regierung nicht leicht sein wird. Um regierungsfähig zu sein, müsste sie mindestens aus drei Koalitionspartnern bestehen, sagte die Soziologin Genowewa Petrowa (Alpha Research) am Montagabend im TV-Sender bTV.
«Die Bildung einer Regierung ist ultimativ erforderlich. Anderenfalls wird diese politische Klasse entbehrlich», warnte der Politologe Ornjan Mintschew im Wahlstudio des Staatsfernsehens BNT./el/DP/men
(AWP)