An der Börse sorgten die Neuigkeiten dennoch nur für ein kurzes Kursfeuerwerk: Die Munich-Re-Aktie gewann am Vormittag zeitweise rund zwei Prozent und wurde mit 430,30 Euro so teuer gehandelt wie nie zuvor. Danach ging es jedoch abwärts. Um die Mittagszeit lag das Papier mit rund 0,4 Prozent im Minus und gehörte damit zu den schwächeren Titeln im Dax. Mit einem Kursanstieg um rund 30 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten hat die Munich-Re-Aktie allerdings so stark zugelegt wie nur wenige andere Papiere im Dax.
Analysten zeigten sich von der Gewinnausschüttung positiv überrascht. Für 2023 sollen die Aktionäre je Anteilsschein 15 Euro erhalten und damit 3,40 Euro mehr als ein Jahr zuvor. Analysten hatten im Schnitt nur mit einer Erhöhung um etwa einen Euro gerechnet. Zudem will der Konzern für 1,5 Milliarden Euro eigene Aktien zurückkaufen. Dies hatten Experten in etwa so erwartet.
Finanzvorstand Christoph Jurecka stimmte die Anteilseigner darauf ein, dass sie auch künftig mit höheren Ausschüttungen rechnen können. «Wir haben die Dividende 50 Jahre nicht gesenkt», sagte der Manager in einer Videokonferenz mit Journalisten. Auf dem neuen Niveau wolle die Munich Re künftig aufbauen.
Dass die Munich Re ihr Gewinnziel 2023 übertraf, lag vor allem an einer hohen Steuergutschrift im vierten Quartal. Der operative Gewinn ging im Gesamtjahr hingegen deutlich stärker zurück als von Analysten im Schnitt erwartet. Der Überschuss von 4,6 Milliarden Euro übertraf die Schätzungen hingegen leicht.
Munich-Re-Chef Joachim Wenning hatte sein Gewinnziel im Herbst von 4 auf 4,5 Milliarden Euro nach oben gesetzt. Zwar verdiente der Konzern letztlich 13 Prozent weniger als im Vorjahr. Damals hatte er jedoch von positiven Zinseffekten und veränderten Schaden-Rückstellungen im Zuge der Umstellung auf die neuen Bilanzierungsregeln für Versicherer profitiert. Jurecka bezifferte den Sondereffekt für das Jahr 2022 auf rund eine Milliarde Euro. Seit 2023 berechnen grosse Versicherer ihre Geschäftszahlen zudem nach den neuen Regeln. Die Vorjahreszahlen wurden entsprechend angepasst.
Wenning sieht die Munich Re jedenfalls «auf bestem Weg», ihre für die Zeit bis 2025 gesetzten Mittelfristziele zu erreichen. «Bis auf systemische Risiken - zum Beispiel Cyber und Pandemie - ist unser Appetit, existenzielle Risiken für Menschen und Unternehmen zu decken, noch lange nicht erschöpft.» Laut Jurecka lagen alle Kennzahlen des Konzerns zuletzt schon im Rahmen oder oberhalb der für 2025 gesetzten Ziele.
Im abgelaufenen Jahr steigerte die Munich Re ihren Versicherungsumsatz um 4,5 Prozent auf knapp 57,9 Milliarden Euro. In der Schaden- und Unfall-Rückversicherung zehrten die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb jedoch einen grösseren Teil des Umsatzes auf als im Vorjahr: Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich von 83,2 auf 85,2 Prozent.
Am teuersten schlug bei dem Rückversicherer das verheerende Erdbeben in der Türkei zu Buche. Der Konzern bezifferte seine Belastung auf rund 700 Millionen Euro. Im vierten Quartal kosteten die Zerstörungen durch Hurrikan «Otis» in Mexiko den Rückversicherer 453 Milliarden Euro.
Weiter aufwärts ging es bei der Konzerntochter Ergo: Der Erstversicherer aus Düsseldorf verdiente im abgelaufenen Jahr 721 Millionen Euro und damit gut ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor. Im Schaden- und Unfallgeschäft ging sowohl in Deutschland als auch im Ausland ein kleinerer Teil des Umsatzes für Schäden, Verwaltung und Vertrieb drauf als 2022. Im laufenden Jahr soll das einstige Sorgenkind der Munich Re seinen Überschuss wie geplant auf etwa 800 Millionen Euro steigern.
Um den Konzerngewinn 2024 auf rund 5 Milliarden Euro zu steigern, soll vor allem das Rückversicherungsgeschäft noch mehr abwerfen. Wenning hat der Sparte einen Gewinn von 4,2 Milliarden Euro zum Ziel gesetzt. Im vergangenen Jahr lag er bei knapp 3,9 Milliarden Euro.
Der erwartete Rückgang der Zinsen dürfte die Ergebnisse der Munich Re laut Finanzchef Jurecka nicht sonderlich belasten. Gleiches gelte für einen Rückgang der Immobilienpreise.
Hoffnung machen dem Vorstand die jüngsten Geschäftsabschlüsse mit Erstversicherern wie Allianz und Generali . Denn bei der branchenweiten Vertragserneuerung zum 1. Januar setzte die Munich Re bei ihren Kunden erneut höhere Prämien durch. Bereinigt um Inflation und veränderte Risiken lag der Anstieg den Angaben zufolge bei 0,3 Prozent.
Dabei baute der Rückversicherer sein Prämienvolumen um 3,5 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro aus. Zuvor hatten auch der weltweit zweitgrösste Rückversicherer Swiss Re und der Branchendritte Hannover Rück höhere Preise gemeldet.
Nach Wennings Einschätzung dürfte sich der Preisanstieg in den weiteren Erneuerungsrunden des Jahres fortsetzen. Für 2025 wagte er zwar noch keine Prognose. Allerdings sehe er keine Anzeichen, warum der positive Trend dann enden sollte./stw/mne/mis
(AWP)