Die Summe im aktuellen Fall könnte zudem in der Tat noch sinken. Laienjurys sprechen in den USA Klägern oftmals hohe Summen zu, die Richter nicht selten senken.

Die Probleme rund um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup hatte Bayer sich 2018 mit der über 60 Milliarden Dollar teuren Monsanto-Übernahme aufgehalst. Im gleichen Jahr folgte ein erstes Urteil gegen den Dax-Konzern, das in den USA eine Klagewelle in Gang setzte. 2020 dann hatte Bayer ein milliardenschweres Programm aufgelegt, um den Grossteil der Klagen - ohne Haftungseingeständnis - beizulegen.

Einen Grossteil der Klagen hat Bayer denn auch bereits abgearbeitet. Im Frühjahr hiess es im Zuge der Vorlage der Geschäftszahlen für 2022, dass von inzwischen insgesamt circa 154 000 angemeldeten Ansprüchen rund 109 000 verglichen worden seien oder die Vergleichskriterien nicht erfüllten. Zudem kann Bayer - per Stand Ende 2022 - auf ein Polster von 6,4 Milliarden US-Dollar bauen, die der Konzern für Vergleiche bestehender und künftiger Glyphosat-Klagen zurückgestellt hat.

Angesichts dieser Summe dürften viele Anleger die Causa Glyphosat bereits finanziell als weitgehend abgehakt ansehen. Die aktuelle Entwicklung liess die Anleger am Montag denn auch kalt. Die Bayer-Aktien stiegen am Vormittag im Einklang mit dem Dax um rund ein halbes Prozent.

Neben Glyphosat ist Bayer auch mit Klagen wegen angeblicher Spätfolgen - mutmassliche Verschmutzung von Wasser, Luft und Boden - durch die seit Jahrzehnten verbotene Chemikalie PCB von Monsanto konfrontiert. Gegen Urteile, die bereits gegen das Unternehmen gesprochen wurden, geht das Unternehmen vor.

Die zahlreichen teuren Rechtsprobleme, die sein Vorgänger Werner Baumann hinterlassen hat, machen dem seit Juni amtierenden Bayer-Chef Bill Anderson das Leben nicht einfacher. Sie begrenzen die finanziellen Möglichkeiten, etwa wenn es um die Stärkung des Pharmageschäfts geht.

Von Anderson erhoffen sich Anleger frischen Schwung, nicht nur im Tagesgeschäft. Schon länger fordern einige Investoren eine Aufspaltung des Konzerns, da sie die US-Rechtsprobleme der Agrarsparte als Belastung sehen und die Bayer-Einzelteile für wertvoller halten als den Konzern als Ganzes. Bislang hält sich Anderson aber bedeckt. Ein Strategie-Update wird gemeinhin erst gegen Ende des Jahres oder früh im Jahr 2024 erwartet./mis/niw/stk

(AWP)