Nach Angaben des Weissen Hauses ist auch ein bilaterales Gespräch zwischen Trump und Selenskyj im Oval Office geplant. Der Tag könnte je nach Verlauf ein Zwischenschritt hin zu einem möglichen dritten Treffen sein - dann zwischen Russland und der Ukraine.
Trump: Beendigung des Kriegs liegt in Selenskyjs Händen
Stunden vor dem Treffen lagen die Sichtweisen darauf, wer das Kriegsende herbeiführen könnte, auseinander. Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social: «Der ukrainische Präsident Selenskyj kann den Krieg mit Russland fast sofort beenden, wenn er will, oder er kann weiterkämpfen». In der Vergangenheit hatte Trump dem Ukrainer bereits eine Mitschuld - und teils sogar die alleinige Verantwortung - an Russlands 2022 begonnenem Angriffskrieg gegeben. Nur kurz darauf schrieb Selenskyj, der nach eigenen Angaben bereits in Washington angekommen ist, auf X: «Russland muss diesen Krieg beenden, den es selbst begonnen hat.»
Über was wird gesprochen?
Laut deutscher Bundesregierung wird am Montag (Ortszeit) unter anderem über «Sicherheitsgarantien, territoriale Fragen und die fortdauernde Unterstützung der Ukraine in der Abwehr der russischen Aggression» gesprochen. Mit Sicherheitsgarantien sind Massnahmen zum Schutz eines Landes vor Angriffen gemeint. Und zu den territorialen Fragen: Russland besteht darauf, dass die Ukraine Gebietsverluste anerkennt und fordert angeblich auch den gesamten Donbass. Selenskyj lehnte das kategorisch ab.
Was wird aus dem Donbass?
Seit dem Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin am Freitag mehren sich unbestätigte Medienberichte, dass der US-Präsident die Möglichkeit für ein schnelles Friedensabkommen sieht, wenn die Ukraine Russland den gesamten Donbass überlässt. Inbegriffen seien auch strategisch wichtige Gebiete, die russische Streitkräfte bisher nicht unter ihre Kontrolle bringen konnten.
Ohnehin sind Gebietsabtretungen, die die Ukraine dann hinnehmen müsste, zuletzt immer wieder diskutiert worden. Zum Beispiel verlangt Russland, dass die Ukraine auf eine Vielzahl von Gebieten verzichtet, was Selenskyj kategorisch ablehnt.
Die Schwarzmeer-Halbinsel Krim rückte kurz vor dem Treffen in den Fokus: Trump hält eine Rückgabe der 2014 von Russland annektierten Halbinsel für unrealistisch, wie er in seinem Post auf Truth Social deutlich machte. Selenskyj hingegen schrieb, die Krim hätte nie aufgegeben werden dürfen.
Sicherheitsgarantien im Mittelpunkt der Gespräche
Bei den Gesprächen wird es auch um das Szenario eines Nato-ähnlichen Schutzversprechens der USA und europäischer Staaten an die Ukraine gehen. Nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff hat Russland Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild des Artikel 5 im Nato-Vertrag zugestimmt - was Putin im Gegenzug von den USA, der Ukraine oder Europa erhalten soll, war zunächst unklar.
Artikel 5 des Nato-Vertrags sieht vor, «dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird». Der Nato-Rat stellt den Bündnisfall fest, erklärt wurde er bisher erst einmal: nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001. Im Gegensatz zum ursprünglichen Artikel 5 würde im diskutierten Szenario aber nicht das atlantische Bündnis einspringen - die Vereinigten Staaten und europäische Länder stünden stattdessen in der Pflicht.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äusserte sich skeptisch über mögliche Friedenspläne Russlands. Er glaube nicht, dass Putin nach Frieden strebt. «Denke ich, dass Präsident Putin Frieden will? Die Antwort ist Nein», sagte Macron. «Ich glaube, dass er die Kapitulation der Ukraine will.»
Selenskyj drängt auf Sicherheitsgarantien
Selenskyj stimmte sich vor dem Gipfel in Washington mit den europäischen Verbündeten in Brüssel ab. Von der Leyen stellte heraus, dass auch die USA zu Schutzversprechen bereit seien. «Wir begrüssen die Bereitschaft von Präsident (Donald) Trump, zu Artikel 5-ähnlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beizutragen», sagte die deutsche Politikerin. Die «Koalition der Willigen», einschliesslich der EU, sei bereit, ihren Teil beizutragen.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine war kein solcher Bündnisfall, da das Land nicht Mitglied der Nato ist. Selenskyj sagte am Sonntag, auch eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine sei eine Garantie für die Sicherheit des Landes.
USA berichten von angeblichem Zugeständnis Russlands
Ein Nato-Beitritt der Ukraine ist Russland allerdings ein Dorn im Auge - dies ist nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff nicht diskutierbar. «Wir konnten das sozusagen umgehen und eine Vereinbarung erzielen, dass die Vereinigten Staaten einen Schutz ähnlich dem in Artikel 5 bieten könnten», sagte er. Die Russen hätten erstmals so einem Szenario zugestimmt. Trump hält einen Nato-Beitritt der Ukraine für unrealistisch.
Waffenstillstand oder nicht?
Nach seinem Treffen mit Putin war Trump von seiner zentralen Forderung nach einem Waffenstillstand als Bedingung für Friedensverhandlungen abgerückt. Stattdessen will er - im Sinne Putins - direkt über eine Friedensvereinbarung sprechen. In der Folge hatte Kanzler Merz zu erkennen gegeben, dass auch er Friedensverhandlungen vorherigen Waffenstillstand für vertretbar hält - vorausgesetzt, es komme schnell zu einem Abkommen./rin/DP/zb
(AWP)