Die Initiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare - Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen» geht an den Ständerat. In der am Mittwoch fortgesetzten Debatte vom Montag wollte der Nationalrat eine steuerliche Bevorzugung von Ehepaaren nicht in der Verfassung festschreiben.

Eine vom Zivilstand unabhängige Besteuerung lasse sich so nicht erreichen, was eigentlich das Ziel sein sollte. Die im Juni beschlossene Individualbesteuerung erreiche das jedoch und wahre den Spielraum, indem sie nicht in der Verfassung festgeschrieben sei.

Dem Bund könnten je nach Umsetzung der Initiative 700 Millionen bis 1,4 Milliarden Franken entgehen, einzelne Rednerinnen und Redner sprachen sogar von 3 Milliarden Franken. Bei der Individualbesteuerung belaufen sich die Mindereinnahmen auf 600 Millionen Franken.

Mehraufwand für Kantone

Die Mitte als Initiantin, die SVP sowie EVP und EDU machten geltend, eine Mehrheit der Kantone lehne die Individualbesteuerung ab. Der ohne Not erzwungene Systemwechsel führe für sie zu 1700 zusätzlichen Steuerbeamten und Mehrkosten von 150 Millionen Franken, sagte Thomas Aeschi (SVP/ZG).

Regina Durrer-Knobel (Mitte/NW) erklärte, die Initiative komme ohne einen Mahnfinger aus und überlasse den Entscheid über die Lebensweise jenen, denen er zustehe, nämlich den Betroffenen. Die Individualbesteuerung erwecke hingegen den Eindruck: «Frauen geht endlich arbeiten».

Als verfassungsrechtliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Sackgasse bezeichnete Regine Sauter (FDP/ZH) das Volksbegehren. Die Ehe werde in der Verfassung als privilegierte Lebensform verankert. Beschäftigungsanreize würden ausbleiben. Hohe Steuerausfälle wären die Folge. Die Individualbesteuerung ist der indirekte Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative der FDP Frauen

Individualbesteuerung 2026 an der Urne

Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter bat den Rat ebenfalls um Ablehnung der Initiative. Die Individualbesteuerung komme voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 zur eidgenössischen Abstimmung.

Rund 650'000 Ehepaare seien aktuell von der Heiratsstrafe betroffen, etwa gleich viele profitierten hingegen von einem Steuerbonus in Form von Abzügen und tieferen Tarifen. Bei einer Umsetzung der Initiative würden Unverheiratete sowie tiefere und mittlere Einkommen benachteiligt. Auch sie sei gegen die Heiratsstrafe, diese lasse sich aber über die Individualbesteuerung abschaffen.

Eine Privilegierung von Ehepaaren in der Bundesverfassung würde den steuerlichen Spielraum allzu stark einschränken. Nicht zuletzt würde das die Heiratsstrafe lediglich bei der Bundessteuer ausräumen, nicht aber bei den Kantonen. Dort gebe es namentlich bei Ehepaaren mit Kindern noch gewisse Schlechterstellungen.

Auch Kommissionssprecherin Kathrin Bertschy (GLP) sagte, die Heiratsstrafe sei in den Kantonen nicht überall beseitigt. Die Individualbesteuerung hingegen behebe sie durch ein vom Zivilstand unabhängiges System. Nach aktuellem Stand würden zehn Kantone die Individualbesteuerung begrüssen und 16 sie ablehnen.

Lange Vorgeschichte

Die Initiative der Mitte will in der Verfassung festschreiben, dass das Einkommen von Ehepaaren in der Steuererklärung zusammengerechnet wird. Die heute geltende Gemeinschaftsbesteuerung von Ehepaaren soll damit weiterbestehen. Der Gesetzgeber soll garantieren, dass Ehepaare gegenüber anderen Personen nicht benachteiligt werden.

Sechs Kantone (OW, SZ, SG, AI, TI, VS) haben bereits das Kantonsreferendum gegen die Individualbesteuerung beschlossen, für das acht Kantone nötig sind. In drei weiteren Ständen (UR, NW, AR) sind Parlamentsentscheide hängig. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren lehnt den Systemwechsel ab. Gleichzeitig sammeln SVP, Mitte, EVP und EDU Unterschriften für das Referendum.

2016 lehnte das Stimmvolk die Volksinitiative der damaligen CVP «Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe» äusserst knapp ab. Weil der Bund falsche Zahlen vorgelegt hatte, annullierte das Bundesgericht die das Resultat. Die Mitte gleiste das Volksbegehren danach neu auf.

(AWP)