Mit 133 zu 55 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnte der Rat zu Beginn der Beratungen einen Nichteintretensantrag von mehreren SVP-Nationalratsmitgliedern ab und befasste sich dann mit der Vorlage. Diese sieht eine zeitlich befristete Übergangsfinanzierung der Dossier-Anbieter vor und muss noch in den Ständerat.
Mit maximal 30 Millionen Franken Bundesgeldern soll die Verbreitung des E-Patientendossiers in der Bevölkerung schon vor der grossen Reform des Bundesgesetzes über das EPD gefördert werden. Dies, sofern sich die Kantone in mindestens demselben Umfang an den jährlichen Kosten der EPD-Anbieter beteiligen.
Das elektronische Patientendossier ist eine digitale Sammlung wichtiger Informationen rund um die Gesundheit einer Person. Mit dem EPD verfolgt der Bund mehrere Ziele: Medizinische Behandlungen sollen besser werden, die Effizienz des Gesundheitssystems soll gesteigert und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten erhöht werden.
Der Bund spricht im Gesetz von Hilfen an «Stammgemeinschaften». Damit sind EPD-Anbieter gemeint, welche sowohl Gesundheitsfachpersonen als auch Patienten die Eröffnung eines EPD ermöglichen, während «Gemeinschaften» nur Gesundheitsfachpersonen offen stehen.
«EPD selber ein Patient»
Das EPD so, wie es jetzt besehe, sei selber ein Patient: Das sagte Thomas de Courten (SVP/BL) zur Begründung seines Nichteintretensantrags. «Damit er nicht verdurstet, hängen wir ihm jetzt für 30 Millionen eine Salzlösung an». Er sei eigentlich ein Fan des EPD und der Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Doch in wichtigen Fragen, etwa der Rolle der Elektronischen ID (E-ID) beim EPD und bei Ausstiegsmöglichkeiten für Gegner, gebe es noch keine Einigung. «Wir sollten uns gut überlegen, ob wir 30 Millionen einfach verpulvern», so de Courten.
Auch andere Nationalratsmitglieder äusserten Kritik und berichteten etwa von mühsamen Selbstversuchen bei der Eröffnung des Dossiers. Erst wenige zehntausend Personen in der Schweiz hätten ein EPD eröffnet. Mehrfach sagten Rednerinnen und Redner aber auch, das EPD sei vielversprechend und die Digitalisierung im Gesundheitswesen sei eine Notwendigkeit.
In der Detailberatung beschloss der Nationalrat unter anderem, die Übergangsfinanzierung auf fünf Jahre zu begrenzen. Auch werden die Leistungserbringer dazu verpflichtet, sich einer zertifizierten Gemeinschaft oder Stammgemeinschaft anzuschliessen. Dies soll die Verbreitung des EPD rasch vorantreiben.
Kommen Leistungserbringer dieser Pflicht nicht nach, sind Sanktionen vorgesehen. In Gesamtabstimmungen genehmigte der Nationalrat eine Revision des EPD-Gesetzes und einen Bundesbeschluss über Finanzhilfen.
Inkrafttreten voraussichtlich Ende 2024
Umfassend will der Bundesrat das EPD-Gesetz demnächst revidieren, weil er das elektronische Patientendossier wegen der beschriebenen Ziele weiterentwickeln will. Diese Revision des EPD-Gesetzes befindet sich derzeit in der Vernehmlassung und ist kürzlich von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren recht stark kritisiert, wenn auch nicht in Frage gestellt worden.
Damit die Finanzierung des EPD bis zum Inkrafttreten dieser umfassenden Änderungen sichergestellt werden kann, beschloss der Bundesrat eine Übergangsfinanzierung. Sie ist es, welche der Nationalrat am Donnerstag als Erstrat beriet. Diese Vorlage kann voraussichtlich Ende 2024 in Kraft treten.
Kritik an dieser Übergangsvorlage kam kürzlich von der Ostschweizer Regierungskonferenz (ORK). Diese verlangte vom Bund einen Halt beim EPD. Bevor das Parlament eine Zusatzfinanzierung beschliesse, müssten grundlegenden Probleme gelöst werden.
Das EPD basiere auf einer veralteten technischen Lösung. Für Patienten gebe es kaum einen Nutzen. Weiter fehle auch der kostendämpfende Effekt.
(AWP)