Der Nationalrat fällte seinen Entscheid mit 113 zu 75 Stimmen bei einer Enthaltung. Gegen den Vorstoss der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SIK-N) stellten sich die Ratslinke, die GLP und der Bundesrat. Die Motion geht nun an den Ständerat.

Die Nationalratskommission hatte den Vorstoss im Januar verabschiedet. Der Text ist kurz: «Der Bundesrat wird beauftragt, die Sicherheitsdienstpflicht schnellstmöglich einzuführen.» Sie griff eine von zwei Varianten auf, die der Bundesrat kurz zuvor zur zur Zukunft der Dienstpflicht zur Diskussion gestellt hatte.

Zwei Modelle

Das erste Modell ist die «Sicherheitsdienstpflicht», die ausschliesslich für Schweizer Männer gelten würde. Diese müssten den Dienst entweder in der Armee leisten oder beim Katastrophenschutz. In dieser Organisation in der Zuständigkeit der Kantone würden der heutige Zivilschutz und der Zivildienst aufgehen.

Das zweite diskutierte Modell ist die «bedarfsorientierte Dienstpflicht». Es würde eine Dienstpflicht neu auch für Frauen bringen. Allerdings müsste lediglich Dienst leisten, wer für die Alimentierung von Armee und Zivilschutz tatsächlich benötigt wird. Der Zivildienst würde bei diesem Modell bestehen bleiben.

Bei beiden Varianten fallen laut dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) Investitionskosten von rund 900 Millionen Franken an. Dieses Geld würde für zusätzliche Unterkünfte und Ausbildungseinrichtungen benötigt.

Um ebenfalls rund 900 Millionen Franken würden die jährlichen Mehrkosten für Bund und Kantone bei beiden Varianten ansteigen.

Die Kommissionsmehrheit argumentierte, es müsse dringend sichergestellt werden, dass Armee und Zivilschutz auch künftig genügend Personal zur Verfügung stehe. Eine Entscheidung dürfe nicht weiter aufgeschoben werden, sagte Sprecherin Isabelle Chappuis (Mitte/VD).

Der Bundesrat beantragte erfolglos die Ablehnung der Motion. Er will weniger schnell vorgehen und zunächst abklären, welche Folgen die Neuregelung auf die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen hat. Zudem will er berücksichtigt haben, wie sich bereits erfolgte Gesetzesänderungen auswirken, die den Zivildienst unattraktiver machen sollen.

«Faktische Abschaffung»

Verteidigungsminister Martin Pfister verwies auf die zu erwartenden Mehrkosten mit dem neuen Modell, äusserte aber zugleich Verständnis für das Anliegen der Motion.

Kritik gab es auch in anderer Hinsicht. Der Zivildienst würde massiv gefährdet, warnte Marc Jost (EVP/BE). Marionna Schlatter (Grüne/ZH) fragte rhetorisch, wer künftig die Arbeiten verrichten werde, welche heute von Zivildienstleistenden geleistet würden.

Patrick Hässig (GLP/ZH) sprach namens der ablehnenden Kommissionsminderheit von einer politischen Kurzschlussreaktion, getragen von parteipolitischer Rhetorik. Dadurch würde der Zivildienst entkernt und faktisch abgeschafft.

In einer Reaktion übte der Zivildienstverband Civiva Kritik am Beschluss. Der Ständerat müsse bei der Behandlung des Geschäfts in der dritten Sessionswoche korrigierend eingreifen. Sonst drohten unentbehrliche Leistungen, namentlich in den Bereichen Schule, Landwirtschaft, Kulturgütererhaltung, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe erschwert zu werden.

Wie Civiva bestritt auch die Gruppe Für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) in einer Stellungnahme, dass es bei Armee und Zivilschutz ein Alimentierungsproblem gebe. Es handle sich um einen Vorwand.

(AWP)