In der grossen Kammer setzten sich am Mittwoch jene Kräfte durch, die keinen Aufschub wünschten bei der Finanzierung der vom Volk an der Urne beschlossenen 13. AHV-Rente. Ausbezahlt wird diese erstmals 2026. Die Kosten dafür belaufen sich laut Bundesrat anfangs auf rund 4,2 Milliarden Franken. 2030 dürften es 4,6 Milliarden Franken sein.

Befristete Mehrwertsteuer-Erhöhung

Der Nationalrat beschloss nun gegen den Willen von SVP und FDP, die Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte zu erhöhen. So schlägt es auch der Bundesrat vor. Der Nationalrat entschied sich allerdings für eine bis Ende 2030 befristete Erhöhung, und er lehnte wie zuvor der Ständerat eine Senkung des Bundesbeitrags an die AHV ab.

Der Rat folgte einer knappen Mehrheit seiner Sozial- und Gesundheitskommission (SGK-N). Kommissionssprecher Patrick Hässig (GLP/ZH) sprach von einem Kompromiss. Auch der Faktor Zeit habe eine Rolle gespielt. Es gelte, den AHV-Fonds bis 2030 stabil zu halten.

Alternative Finanzierungsmodelle habe die Kommission prüfen lassen, doch keines lasse sich rechtzeitig umsetzen, berichtete Hässig. Alternative Finanzierungen könnten im Rahmen der geplanten nächsten AHV-Reform geprüft werden. Gemäss jüngsten Zahlen sind die finanziellen Aussichten der AHV besser als zum Zeitpunkt, als der Bundesrat die Botschaft ausgearbeitet hatte.

Mehr Mehrwertsteuer, mehr Lohnbeiträge

Abgesehen vom Bundesbeitrag sind sich die beiden Kammern aber überhaupt noch nicht einig. Der Ständerat beschloss eine höhere Mehrwertsteuer und auch höhere Lohnbeiträge. Darin einbezogen hatte er die Finanzierung einer allfälligen Anhebung oder Abschaffung des AHV-Ehepaar-Plafonds. Dazu ist eine Volksinitiative der Mitte hängig.

Vertreterinnen und Vertreter von Mitte, SP und Grünen versuchten ohne Erfolg, dieses Modell auch dem Nationalrat beliebt zu machen. Auch dass sie in ihren drei Minderheitsanträgen teilweise tiefere Ansätze für die Erhöhung von Mehrwertsteuer und Lohnbeiträgen beantragten, führte nicht zum Ziel.

Die SP hätte sich eigentlich eine Finanzierung mit Lohnbeiträgen gewünscht, schloss sich aber im Sinne eines Kompromisses an, wie Barbara Gysi (SP/SG) sagte. Die vom Rat mit knappem Mehr gutgeheissene befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer sei nicht sinnvoll, mahnte Gysi mit Blick auf den Aufwand für die Betriebe.

Die Finanzierung des «Dreizehnten» bei der AHV über Lohnbeiträge sei sozialer als eine über die Mehrwertsteuer, fand auch Manuela Weichelt (Grüne/ZG). Das Modell des Ständerates sei aus diesem Blickwinkel das kleinste Übel.

Schuldenbremse abgelehnt

Kein Gehör fand die FDP mit dem Antrag für eine Schuldenbremse für die AHV. Falle der Fonds unter 90 Prozent, solle die Mehrwertsteuer um 0,5 Prozentpunkte und das Renten-Referenzalter schrittweise um sechs Monate erhöht werden, sagte Andri Silberschmidt (FDP/ZH).

«Das würde uns unabhängig machen von Prognosen und wäre eine Sicherung nach unten», sagte er. Hinter seinem Antrag stand eine starke Mehrheit der SGK-N. Die SVP unterstützte das Vorhaben, das aber mit 108 zu 89 Stimmen abgelehnt wurde.

Erfolglos waren FDP und SVP mit Nichteintretens- und Rückweisungsanträgen und Forderungen nach einer Gesamtschau. Eine Sanierung des Sozialwerks allein mit Steuern und Abgaben dürfe es nicht geben, sagte Regine Sauter (FDP/ZH). Es müsse unvoreingenommen diskutiert werden, auch über ein höheres Rentenalter.

«Zeche für Ja zu 13. AHV-Rente»

Die SVP legte ihrer Forderung eine Liste von Sparaufträgen bei. Gekürzt werden soll demnach unter anderem bei der internationalen Zusammenarbeit, bei Kaderlöhnen und im Asylwesen, und internationale Projekte zu Gender-Themen sollten nicht mehr unterstützt werden.

Leistungen der Kranken-Grundversicherung für Asylsuchende wollte die SVP einschränken und für Zugezogene aus Drittstaaten eine höhere Franchise einführen. Michael Graber (SVP/VS) sagte, die Mehrheit der SGK-N wolle den Mittelstand mit der 13. Rente nicht entlasten, sondern für das Ja vom März 2024 die Zeche einfordern.

Die Vorlage geht zurück an den Ständerat. Er wird sich auch dazu äussern müssen, ob die Bestimmungen zur Finanzierung der 13. AHV-Rente verknüpft werden mit einem Ja zur Mehrwertsteuer-Erhöhung, die Volk und Ständen vorgelegt werden muss. Diese Koppelung hat der Nationalrat beschlossen.

(AWP)