Was ist Israels Plan für neue Hilfslieferungen?

Das israelische Sicherheitskabinett hat einen Plan gebilligt, der die erneute Lieferung von Hilfsgütern in den weitgehend zerstörten Küstenstreifen ermöglichen soll. Der Mechanismus soll die islamistische Terrororganisation Hamas daran hindern, Güter für sich abzuzweigen oder zu verkaufen und damit ihr Überleben zu sichern.

Details wurden in der Mitteilung zunächst nicht genannt. Die «Jerusalem Post» schrieb jedoch, zwei US-Sicherheitsfirmen sollten für die Verteilung von Lebensmitteln und Hilfsgütern an Familien zuständig sein. Sie hätten bereits während einer Waffenruhe im Januar gemeinsam mit ägyptischen Kräften Fahrzeuge kontrolliert, die vom Süden in den Norden des Gazastreifens fuhren. Viele Mitarbeiter dieser Firmen seien früher in Spezialeinheiten oder beim US-Auslandsgeheimdienst CIA beschäftigt gewesen.

Nach Informationen der «Washington Post» sollen laut dem Plan täglich 60 Lastwagen mit Hilfsgütern nach einer Kontrolle am Grenzübergang Kerem Schalom in den Gazastreifen fahren dürfen. Die Güter sollten dann in bis zu sechs Verteilungszentren an Familien verteilt werden.

Die US-Sicherheitsfirmen sollen dies laut dem Bericht nur absichern, die Verteilung selbst sollen humanitäre Helfer übernehmen. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir hatte Forderungen, israelische Soldaten sollten die Verteilung übernehmen, vehement zurückgewiesen.

Was kritisieren die Vereinten Nationen daran?

Die Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen beharren darauf, dass Hilfsgüter nach humanitären Prinzipien verteilt werden - dazu zählten Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Israel verlange, dass UN-Mitarbeiter über einen israelischen Knotenpunkt (hub) Hilfsgüter verteilen, sagte ein Sprecher des UN-Nothilfebüros OCHA der dpa. Wie das ablaufen soll, wolle das israelische Militär bestimmen.

«(Der Plan) verstösst gegen grundlegende humanitäre Prinzipien und scheint darauf ausgelegt zu sein, die Kontrolle über lebenswichtige Güter als Druckmittel zu verstärken - als Teil einer militärischen Strategie», teilte das sogenannte «humanitäre Länderteam» am Sonntagabend mit. Das ist ein Netzwerk unter Leitung der UN, an dem UN- und andere Hilfsorganisationen im Gazastreifen beteiligt sind. Diese Strategie sei gefährlich, weil sie die Zivilbevölkerung in militarisierte Zonen treibe, um Rationen zu erhalten. Und Menschen, die weniger mobil seien, könnten so nicht erreicht werden.

Das grösste UN-Netzwerk zur Verteilung von Hilfsgütern unterhält das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA, mit dem Israel nicht mehr zusammenarbeitet. «Keine Hilfsgüter des UNRWA sind an die Hamas umgeleitet worden», sagte eine Sprecherin der dpa. «Wir haben ein System, das überwacht, wo die Hilfe hingeht.» So äusserte sich auch OCHA: «Wir haben keine Hinweise darauf, dass Hamas Hilfsgüter gestohlen hat», sagte ein Sprecher. Es habe zwar Plünderungen gegeben. «Aber wir haben keine Informationen über die politische Zugehörigkeit von Plünderern.»

Stiehlt die Hamas Hilfslieferungen?

Israel wirft der Hamas immer wieder vor, humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen abgegriffen und Lebensmittel zu überhöhten Preisen an die Zivilbevölkerung verkauft zu haben. Damit finanziere die Terrororganisation wiederum ihre Kämpfer und Waffen. Israel wies auch mehrfach darauf hin, dass gerade die Hamas-Kämpfer bei den Inszenierungen der Geiselübergaben im Frühjahr trotz Berichten über weit verbreitetem Hunger im Gazastreifen durchaus wohlgenährt aussahen. In einem unterirdischen Versteck des im vergangenen Jahr getöteten Hamas-Chefs Jihia al-Sinwar waren nach israelischen Angaben UNRWA-Lebensmittelsäcke gefunden worden.

Zuletzt kamen diese Vorwürfe gegen die Hamas auch von dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Mit der Hamas verbündete Gangs seien die Hauptverantwortlichen für den Diebstahl von Hilfsgütern, hiess es in einer Mitteilung. «Das palästinensische Volk wird diese Schandtaten nicht verzeihen, die in einer so kritischen Zeit begangen werden, vor allem im abgeriegelten Gazastreifen.» Abbas' gemässigtere Fatah-Organisation gilt als Rivalin der islamistischen Hamas.

Auch Augenzeugen im Gazastreifen haben die Vorwürfe gegen die Hamas bestätigt. Gleichzeitig ging die Terrororganisation zuletzt nach eigenen Angaben hart gegen mutmassliche Plünderer vor und richtete mehrere von ihnen hin. Anderen sei in die Beine geschossen worden, teilte die Organisation mit. Sie drohte Dieben, denen sie Kollaboration mit Israel vorwarf, mit dem Tod und Verstümmelungen./le/DP/jha

(AWP)