Ein Geschworenengremium entschied am Montagabend (Ortszeit) in Atlanta, dass sich Trump vor Gericht verantworten soll wegen seiner Versuche, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 in Georgia zu beeinflussen. Die zuständige Staatsanwältin Fani Willis hat Trump und den anderen Beschuldigten eine Frist bis zum 25. August gesetzt, sich beim Gericht zu melden. Die neue fast hundert Seiten lange Anklageschrift enthält umfangreiche Anschuldigungen gegen den Ex-Präsidenten. Im Detail wird Trump und Komplizen vorgeworfen, öffentliche Amtsträger gedrängt zu haben, ihren Amtseid zu verletzen. Dem Republikaner werden ausserdem Falschaussagen und die Einreichung falscher Unterlagen vorgeworfen. Insgesamt listet die Anklageschrift 19 Anklagepunkte in 41 Fällen gegen die 19 Beschuldigten.

Besonders heikel ist ein Straftatbestand aus dem sogenannten Rico-Gesetz. Damit ist es der Anklage möglich, gegen mehrere Angeklagte gleichzeitig als Teil einer kriminellen Vereinigung vorzugehen. Das Gesetz wurde ursprünglich erlassen, um gegen Schutzgelderpressung der Mafia vorzugehen. Es drohen lange Haftstrafen. In der Anklageschrift werden auch weitere Personen erwähnt, die sich an dem Komplott beteiligt haben sollen.

Die zuständige Staatsanwältin Fani Willis sagte, all deren Bemühungen hätten das "illegale Ziel" gehabt, Trump zu helfen, eine weitere Amtszeit als Präsident an sich zu reissen. Der frühere Präsident und die weiteren Angeklagten hätten sich "wissentlich und vorsätzlich an einer Verschwörung zur rechtswidrigen Änderung des Wahlergebnisses zugunsten von Trump" beteiligt.

Der Fall in Georgia wird nicht auf Bundes-, sondern auf Bundesstaaten-Ebene verhandelt. Wichtig ist das, weil Trump sich bei einer Verurteilung auch im Falle eines Wahlsiegs nicht selbst begnadigen könnte. In den Fällen nach Bundesrecht könnte dies möglich sein.

Trump weist Vorwürfe von sich

Zuvor war Trump bereits auf Bundesebene wegen seines Feldzuges gegen die eigene Niederlage bei der Wahl 2020 angeklagt worden. Dass ein Ex-Präsident wegen einer Straftat vor Gericht kommt, hat es in der Geschichte der USA vor Trump noch nie gegeben. Der Republikaner, der bei der Präsidentenwahl 2024 erneut antreten will, weist alle Vorwürfe zurück und wertet jede Strafverfolgung gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weisse Haus zu hindern.

Trump wies auch die neuen Vorwürfe als "Hexenjagd" zurück. Trumps Anwälte nannten die Anklageschrift "fehlerhaft und verfassungswidrig". Der Republikaner kündigte am Dienstag eine Pressekonferenz für kommende Woche an, in der er angeblichen Wahlbetrug in Georgia präsentieren wolle.

Unterstützung bekommt der 77-Jährige aus seiner Partei. "Die Amerikaner durchschauen diesen verzweifelten Schwindel", erklärte der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Die Abgeordnete Elise Stefanik aus dem Führungszirkel der Partei warf der Justiz vor, sich in den Wahlkampf einzumischen.

Eine unerwartete Reaktion gab es auch von Hillary Clinton. Die Demokratin verlor bei der Präsidentenwahl 2016 gegen Trump - die beiden gelten als Intimfeinde. Clinton war am Montagabend, als die Anklage bekannt wurde, zu Gast in einer TV-Show. "Es ist ein schrecklicher Moment für unser Land, dass ein ehemaliger Präsident wegen dieser schrecklichen Verbrechen angeklagt wird", sagte sie.

Der Feldzug gegen den Wahlausgang

Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen. Der 77-Jährige behauptet unbeirrt, er sei durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Weder Trump noch seine Anwälte haben Beweise für diese Behauptungen vorgelegt. Trumps Kampagne gegen den Wahlausgang gipfelte am 6. Januar 2021 in einem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol in Washington. Der Mob versuchte mit dem Gewaltausbruch, die formale Bestätigung von Bidens Wahlsieg im Parlament zu verhindern. Mehrere Menschen kamen ums Leben.

Georgia hatte zu den Bundesstaaten gehört, die für den Wahlausgang 2020 eine Schlüsselrolle spielten. Biden gewann in dem Bundesstaat damals nur ganz knapp mit etwa 12 000 Stimmen Vorsprung. Trump bemühte sich, seine Wahlniederlage dort - wie auch in anderen Bundesstaaten - nachträglich noch ändern zu lassen. Unter anderem rief Trump damals in einem einstündigen Telefonat den obersten Wahlaufseher Georgias, seinen republikanischen Parteikollegen Brad Raffensperger, unverblümt dazu auf, genügend Stimmen für ihn "zu finden", um das Ergebnis "nachzuberechnen" und zu drehen. Von dem berüchtigten Telefongespräch gelangte später ein Mitschnitt an die Öffentlichkeit.

Die Serie an Prozessen für Trump

Wegen dieser und anderer Einflussversuche, die publik wurden, hatte Staatsanwältin Willis in Fulton County in Georgia 2021 Ermittlungen eingeleitet. Trump wird in den kommenden Monaten - mitten im Wahlkampf - gleich vier Prozesse zu bestreiten haben. In den vergangenen Monaten war bereits in drei anderen Fällen in New York, Miami und Washington Anklage gegen den Republikaner erhoben worden.

Der New Yorker Fall steht im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen. Der Fall in Miami dreht sich um die Aufbewahrung von streng geheimen Regierungsunterlagen in Trumps Privatanwesen. In Washington wiederum geht es ebenfalls um die Wahl 2020 - um versuchten Wahlbetrug und den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Keiner dieser Fälle und keine mögliche Verurteilung schliesst aus, dass Trump 2024 als Präsidentschaftskandidat antritt oder Präsident wird.

Auch mit einem Sieg in Georgia hätte Trump die Wahl 2020 zwar nicht gewonnen. Allerdings bemühte er sich damals zeitgleich in mehreren Bundesstaaten darum, die dortigen Ergebnisse zu kippen - und so in Summe genügend Stimmen für den Einzug ins Weisse Haus zu sammeln./nau/DP/ngu