Am 24. Februar 2022 hatte Russland seine Invasion in die Ukraine begonnen - also vor genau 18 Monaten. Ebenfalls am Donnerstag beging die Ukraine ihren Nationalfeiertag zur Erinnerung an die Unabhängigkeit seit dem 24. August 1991. In der Hauptstadt Kiew nutzten Passanten die Gelegenheit für Fotos vor dem Hintergrund von abgeschossenen Panzern und Haubitzen. Der Krieg zerrt jedoch heftig an dem Land. Zehntausende Menschen wurden getötet oder verletzt. Darunter sind nach UN-Angaben mindestens 545 getötete Kinder.

Ukrainische Kommandoaktion auf der Krim

In Russland drehte sich am Donnerstag fast alles um den mutmasslichen Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin, der mit einem Flugzeug abgestürzt sein soll. Auf den Kriegsverlauf in der Ukraine hatte das aber zunächst keine erkennbaren Auswirkungen. Ukrainische Truppen mühen sich seit Monaten mit einer zähen Gegenoffensive, Gebiet zurückzuerobern. Trotzdem kontrolliert Moskau einschliesslich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim weiter fast ein Fünftel des Staatsgebiets seines Nachbarn.

Im Westen der Krim kam es zu Gefechten zwischen russischen Kräften und einer ukrainischen Kommandoeinheit. Das bestätigten beide Seiten, stellten jedoch den Ausgang unterschiedlich dar. Der ukrainische Militärgeheimdienst teilte mit, einige seiner Einheiten seien in einer Spezialoperation auf der Krim gelandet und hätten «alle Aufgaben» erfüllt. Russische Medien berichteten hingegen, der Angriff sei abgewehrt und die Angreifer seien getötet worden.

Selenskyj appelliert an ukrainische Einheit

Präsident Selenskyj wandte sich zum Unabhängigkeitstag wie so oft in einer Videobotschaft an die Ukrainer und sagte: «Im grossen Krieg gibt es keine kleinen Dinge. Nichts ist unwichtig. Niemand ist unwichtig. Das betrifft sowohl die Menschen, als auch die Taten und Worte.» Dabei dankte er insbesondere Soldaten, Rüstungsarbeitern, Elektrikern, Journalisten, Minenräumern, Lehrern, Medizinern und Sportlern für ihren Einsatz und erinnerte an die gebrachten Opfer.

Bundeskanzler Scholz wandte sich auf der Plattform X - früher Twitter - an die Ukraine: «Heute feiert ihr die Unabhängigkeit und Freiheit eurer Nation. Genau das sind die Prinzipien, die euer ganzes Land verteidigt in seinem mutigen Kampf gegen Russlands brutale Aggression.»

Auch Aussenministerin Baerbock würdigte den Mut und «unbändigen Willen zu einem Leben in Frieden» der Ukrainerinnen und Ukrainer. Zum Krieg schrieb die Grünen-Politikerin: «Jeder Tag ist ein Tag zu viel. Jeder Tag ist eine Verpflichtung an uns, alles dafür zu tun, dass die Ukraine so wie wir wieder in Frieden leben kann.»

Zusagen aus Norwegen

Zu der Debatte über eine mögliche deutsche Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus an die Ukraine sagte Baerbock im Deutschlandfunk, es müssten noch «technische Details» geklärt werden. Es sei wichtig, nicht einfach etwas zu versprechen, «sondern dass das dann auch geliefert wird und funktioniert und dass die unterschiedlichen Systeme ineinandergreifen. Und das gilt jetzt auch für weitere Massnahmen wie Marschflugkörper».

Deutschland hat Kiew bereits etliche Waffensysteme zur Verfügung gestellt, darunter das moderne Flugabwehrsystem Iris-T. Dafür will Norwegen nun weitere Raketen liefern, wie bei einem Besuch von Ministerpräsident Jonas Gahr Støre in Kiew bekannt wurde. Nach Berichten der Sender TV2 und NRK stellte Norwegen der Ukraine auch F-16-Kampfjets in Aussicht - als drittes Land nach Dänemark und den Niederlanden. Eine Zahl wurde nicht genannt. Die norwegische Regierung erwähnte die Jets zunächst nicht.

Baerbock enttäuscht von Wirkung der Russland-Sanktionen

Neben der massiven militärischen und zivilen Unterstützung der Ukraine haben die westlichen Partner Kiews seit Kriegsbeginn auch scharfe Wirtschaftssanktionen beschlossen, um Russland unter Druck zu setzen. Unter anderem hat die Europäische Union den Import russischer Energie drastisch reduziert und den Export vieler Produkte gekappt.

Doch über die Wirkung solcher Massnahmen sagte Baerbock in einem Interview des Journalisten Stephan Lamby: «Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen. Das ist aber nicht so.» Sie fügte hinzu: «Wir haben erlebt, dass mit rationalen Entscheidungen, rationalen Massnahmen, die man zwischen zivilisierten Regierungen trifft, dieser Krieg nicht zu beenden ist.» Zuletzt war die russische Wirtschaft gewachsen, während die deutsche schwächelt./vsr/DP/stw

(AWP)