Der neue Verband werde Anfang 2025 seine Arbeit aufnehmen und das bestehende Duopol zweier Dachverbände beenden, hiess es am Donnerstag in einer Mitteilung des neuen Verbandes. Er solle die Interessenvertretung der Krankenversicherungsbranche stärken. Der Name des Verbandes stehe noch nicht fest und werde zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt, hiess es auf Anfrage.
Streit um ambulanten Tarif
Den Ausschlag für den Neuanfang habe der Streit um den ambulanten Tarif gegeben. «Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte», sagte KPT-CEO Thomas Harnischberg in einem am Donnerstag online veröffentlichen Interview mit der «NZZ». Das sei das gesundheitspolitisch wichtigste Geschäft seit langem.
Der Wunsch nach einem einheitlichen Auftritt sei in der gesamten Branche vorhanden. «Dass es die Verbände hier nicht schafften, eine gemeinsame Position zu finden, hat weder die Bevölkerung noch die Politik verstanden», sagte er. Und die Branche erst recht nicht.
In der Vergangenheit habe es auch schon Fusionsbestrebungen gegeben, sagte Harnischberg im Interview. Doch letztlich seien alle Versuche gescheitert. Für weitere Fusionsanläufe fehle die Zeit, und mit den gegenwärtigen Strukturen seien Verbesserungen nicht möglich. «Es braucht einen Neuanfang.» Die KPT trat bereits Ende 2023 aus dem Krankenversicherer-Verband Curafutura aus.
Im März dieses Jahres hatte bereits der Chef des drittgrössten Krankenversicherers der Schweiz, der Groupe Mutuel, in den Medien einen Austritt aus dem Krankenkassenverband Santésuisse erwogen.
Wer den neuen Verband führen wird, ist noch offen. Für ihn stehe nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre aber fest, dass die Person an der Verbandsspitze extrem wichtig sei. Es brauche jemanden, der mit allen reden könne und den Konsens suche.
Der Gesundheitsökonom Willy Oggier hält die Gründung eines neuen Krankenkassenverbandes für grundsätzlich begrüssenswert. «Entscheidend wird sein, wer den neuen Verband gestalten wird», sagte Oggier auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Verharrten die Streithähne in den Schützengräben, ändere sich nichts. Denn diese hingen mit den Personen zusammen, die die derzeitigen Verbände Santésuisse und Curafutura geprägt hätten.
90 Prozent der Grundversicherten vertreten
Gründungsmitglieder des neuen Verbandes sind laut Mitteilung die Krankenversicherer Assura, Atupri, Concordia, CSS, EGK, Groupe Mutuel, Helsana, KPT, ÖKK, Sanitas, SWICA, Sympany und Visana. Die bestehenden Mitgliedschaften in den Verbänden Santésuisse beziehungsweise Curafutura würden beendet.
Die Krankenversicherer wollen sich dem neuen Branchenverband nach eigenen Angaben «gemeinsam für ein nachhaltiges, finanzierbares, qualitativ hochstehendes und patientenzentriertes Gesundheitssystem einsetzen». Die Gründungsmitglieder vertreten laut Mitteilung heute bereits über 90 Prozent der Grundversicherten der Schweiz. Der Beitritt zur neuen Organisation stehe weiteren Krankenversicherern offen.
Ringen um Tarifstruktur
Der Bundesrat entschied am Mittwoch, die veraltete Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen namens Tarmed per Anfang Januar 2026 abzulösen. Er genehmigte die neue Einzelleistungstarifstruktur Tardoc sowie die ersten ambulanten Pauschalen.
Seit Jahren hatten Versicherer, Spitäler und Ärzteschaft um einen neuen Ärztetarif als Ersatz für den veralteten Tarmed gerungen, mit dem Spitäler und Ärzte abrechnen. Die Ärzteverbindung FMH und der Krankenkassenverband Curafutura schlugen die Tarifstruktur Tardoc vor, der Verband Santésuisse war nicht mit an Bord.
(AWP)