Das beklagte Energieunternehmen One-Dyas teilte nach dem Urteil mit, das Vorhaben nun weiter voranzutreiben. Ein Konsortium um das Unternehmen plant, aus einem Feld vor den beiden Wattenmeerinseln Borkum und Schiermonnikoog Erdgas zu fördern. Dazu soll eine Förderplattform auf niederländischem Hoheitsgebiet rund 23 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum errichtet werden. Gefördert werden soll den Plänen zufolge sowohl in niederländischen als auch in deutschen Hoheitsgebieten, nahe dem niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer.
One-Dyas: Erstes Erdgas noch 2024 fördern
«Mit diesem Urteil können wir alle Vorbereitungen zügig fortsetzen, um bis Ende 2024 das erste Erdgas aus N05-A liefern zu können», sagte One-Dyas-Chef Chris de Ruyter van Steveninck in einer Mitteilung. Das Urteil sei eine gute Nachricht für die Versorgungssicherheit, die Wirtschaft und das Klima, da durch die Erdgasförderung weniger Gas importiert werden müsse. «Bis wir vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen können, bleibt Erdgas aus der Nordsee die beste Wahl», sagte der One-Dyas-Chef.
Für die Erdgasförderung sind allerdings Genehmigungen der Niederlande und Deutschland erforderlich. Das Wirtschaftsministerium in den Niederlanden hatte dafür bereits eine Lizenz erteilt. Auf deutscher Seite läuft das Genehmigungsverfahren noch.
Bereits im Juli 2022 hatte ein Bündnis um die Umwelthilfe Klage gegen die Bohrungen und den Bau der Plattform eingereicht. Im April 2023 hatte das Den Haager Verwaltungsgericht einen vorläufigen Baustopp verhängt wegen Mängel bei der Umweltgenehmigung. Nachdem das Wirtschaftsministerium die Genehmigung vor einigen Wochen entsprechend geändert hatte, war der Baustopp aufgehoben worden. Dagegen hatten die Kläger wiederum beim höchsten Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung beantragt. Sie befürchten Schäden im Naturschutzgebiet Wattenmeer. Das lehnten die Richter nun aber ab.
Umweltschützer fordern Entscheidungen von Niedersachsens Behörden
«Wir sind ziemlich geschockt», sagte der Energieexperte der Umwelthilfe Constantin Zerger der Deutschen Presse-Agentur. Er kritisierte, dass das Gericht weder Stickoxidemissionen noch die Auswirkungen auf Schweinswale durch die Bohrungen genauer berücksichtigt habe. Für beide Punkte hatte sich die Umwelthilfe mit ihren Partnern, darunter auch die Stadt Borkum, vor Gericht eingesetzt. Für einen neuen Stopp wollten die Umweltschützer nun im Hauptsacheverfahren streiten.
Zerger betonte zudem, dass nun umso wichtiger werde, wie niedersächsische Behörden über die Gasförderung entscheiden. «Da richtet sich jetzt der Blick auf die Minister Olaf Lies und Christian Meyer», sagte Zerger. Beim Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), das Wirtschaftsminister Lies (SPD) untersteht, wird das Planfeststellungsverfahren auf deutscher Seite geführt. «Da muss jetzt dringend eine Entscheidung gefällt werden. Da warten wir drauf», sagte Zerger. Er forderte, es dürfe keine Gasförderung geben.
Die Umwelthilfe und ihre Partner verlangen zudem, ein bereits genehmigtes Unterwasserseekabel, das die künftige Bohrplattform mit Windenergie vom benachbarten Offshore-Windpark Riffgat versorgen soll, zu überprüfen. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der Umweltminister Meyer (Grüne) untersteht, hatte das Kabel laut Umwelthilfe bereits 2022 genehmigt.
Umwelthilfe, der BUND Niedersachsen und die Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland legten dagegen kürzlich Widerspruch ein. Aus ihrer Sicht würde das Kabel schützenswerte Unterwasserbiotope und Riffstrukturen zerschneiden. «Das hat aufschiebende Wirkung. Das heisst, da darf erstmal nicht gebaut werden», sagte Zerger zu dem Widerspruch. «Insofern steht das Projekt noch immer unter einem grossen Vorbehalt.»/ab/DP/mis
(AWP)