US-Präsident Donald Trump kündigte am späten Donnerstagabend an, ab 1. Oktober Zölle in Höhe von 100 Prozent auf Arzneimittelimporte in die Vereinigten Staaten zu erheben. Sollten Pharmahersteller eine Produktionsstätte in den USA bauen, könnten sie damit den Zoll umgehen, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. Unternehmen, die entweder bereits einen Baubeginn festgelegt oder mit dem Bau angefangen hätten, seien von den geplanten Aufschlägen ausgenommen, hiess es weiter.
Deutsche und Schweizer Pharmaindustrie bangt
Gerade die deutsche Pharmaindustrie hatte Zölle gefürchtet: Die USA sind ihr wichtigster Exportmarkt, knapp ein Viertel der deutschen Pharma-Exporte geht dahin. Aber die Zölle sind auch für Indien schmerzhaft: Das südasiatische Land exportiert vor allem Arzneimittel in die USA.
Die deutsche Pharmabranche hat rund 130'000 Beschäftigte. 2024 gingen dem Statistischen Bundesamt zufolge Waren im Wert von 27 Milliarden Euro in die USA. Die Schweizer Exporte von chemisch-pharmazeutischen Produkten in die USA erreichten im Jahr 2024 einen Wert von 33,7 Milliarden Franken. Damit ist die deutsche und Schweizer Pharmabranche wesentlich stärker vom US-Markt abhängig als etwa der Maschinenbau und die Chemieindustrie.
Die USA sind auch deshalb so wichtig für die europäische Pharmabranche, weil Amerika ein sehr lukrativer Absatzmarkt ist: Dort gibt es keine so strenge Preisbindung für Medikamente wie zum Beispiel in Deutschland, wo der Gesetzgeber in den Markt für verschreibungspflichtige Medikamente eingreift.
In den USA sind die Arzneipreise in der Regel deutlich höher als in anderen Industrieländern. Das kritisiert Trump und sieht ein Ungleichgewicht im internationalen Vergleich. Er ist der Ansicht, dass die Amerikaner mit den höheren Preisen die Forschung mitbezahlen, wovon dann auch andere Länder profitieren.
Auch auf andere Importe gibt es ab Oktober neue Zölle
Doch nicht nur Arzneimittelimporte sollen mit neuen Zöllen belegt werden: Ab Oktober will Trump auf Möbel wie Küchenschränke und Badezimmerausstattung einen Aufschlag von 50 Prozent erheben, wie er in einem weiteren Post bekannt gab.
Polstermöbel sollen zusätzlich mit einem Zoll von 30 Prozent belegt werden. Viele Möbel im niedrigeren Preissegment kommen aus Südostasien. Auf grosse, schwere Lastwagen will Trump indes Zölle in Höhe von 25-Prozent verhängen.
Der US-Präsident begründet sein Vorgehen mit der «nationalen Sicherheit». Trump sieht die US-Wirtschaft in grosser Gefahr, weil sie seiner Meinung nach von anderen Ländern über Jahre hinweg betrogen wurde. Mit seinen Zöllen - so argumentiert er - werde die heimische Wirtschaft gestärkt: Denn wenn Importe aus dem Ausland teurer werden, könnte sich die Bevölkerung verstärkt für US-Produkte entscheiden.
Auch mit der EU lag Trump im Clinch
Auch mit der EU hatte Trump einen Handelskonflikt. Nach einem monatelangen Streit gaben er und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Sommer dann einen Deal bekannt. Für EU-Exporte in die Vereinigten Staaten wurde ein Basiszollsatz von 15 Prozent festgelegt.
Für europäische Hersteller von Arzneimitteln, Halbleitern und Bauhölzern war nicht ganz klar, ob die Zollobergrenze von 15 Prozent auch für sie gilt. Auch Autohersteller hatten bis zuletzt Unklarheit - erst am Donnerstag war deutlich geworden, dass für aus der EU in die USA eingeführte Autos rückwirkend zum 1. August die Zölle von 27,5 Prozent auf dann 15 Prozent gesenkt werden. Das ging aus einem entsprechenden Dokument im US-Handelsregister hervor.
In der Veröffentlichung des US-Handelsministeriums werden zudem zahlreiche Produkte aus der EU aufgelistet, die von den Zöllen befreit sind - darunter Flugzeuge und Flugzeugteile, chemische Vorprodukte sowie bestimmte Rohstoffe.
EU-Autobauer weiterhin kaum glücklich mit Situation
Trotz der Senkung des Zolls auf 15 Prozent haben die Autobauer kaum einen Grund zur Freude. Denn der neue Zollsatz ist weit grösser als die 2,5 Prozent, die noch vor dem zweiten Amtsantritt von US-Präsident Trump fällig wurden. Branchenexperten rechnen daher mittelfristig mit Produktionsverlagerungen von deutschen Autoherstellern in Richtung USA, um die Zölle zu umgehen - und damit denselben Ausweg wählen, den Trump Pharmaunternehmen bei seiner Zollankündigung auf Arzneimittel aufgezeigt hatte.
(AWP/cash)