Einschätzungen von Ökonomen im Überblick:

Bernd Weidensteiner, Ökonom bei der Commerzbank:

«Die US-Notenbank hat heute ihre Leitzinsen erwartungsgemäss nicht verändert, der Zielkorridor für die Fed Funds bleibt damit bei 4,25 Prozent - 4,50 Prozent. Allerdings stimmten gleich zwei Gouverneure gegen diese Entscheidung und sprachen sich für eine Zinssenkung bereits heute aus. In der Pressekonferenz gab Fed-Chef Powell aber keine deutlichen Hinweise auf eine Zinssenkung auf der nächsten Sitzung im September. Es wird wohl auf die bis dahin noch anstehenden Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten ankommen, ob sich dann eine Mehrheit für einen solchen Schritt findet.»

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank:

«Und auch unter konjunkturellen Gesichtspunkten gibt es bislang keinen Anlass für rasche geldpolitische Lockerungen. Die US-Wirtschaft schlägt sich solide - auch wenn die Fed betont, dass sich das Wachstum im ersten Halbjahr verlangsamt habe. Im zweiten Quartal wuchs die US-Wirtschaft mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 3 Prozent gegenüber dem Vorquartal und am US-Arbeitsmarkt werden weiterhin Stellen geschaffen. In Anbetracht der freundlichen Finanzmarktentwicklung gelten die US-Finanzierungsbedingungen darüber hinaus auch als günstig.

Eines kann aus der heutigen Sitzung abgeleitet: Bleiben die kommenden Arbeitsmarktberichte solide und kommen die Inflationsraten nicht zurück, wird es zu keiner Zinssenkung im September kommen. Donald Trump wird seine Attacken gegen Fed-Chef Powell derweil fortsetzen. »

Elmar Völker, Analyst bei der LBBW:

«Die US-Wirtschaft hält sich in den Wirren um Trumps Zollpolitik solide, wie die jüngst veröffentlichten BIP-Daten für das zweite Quartal zeigen. Der US-Arbeitsmarkt präsentiert sich trotz zeitweiliger Schwächesignale ebenfalls widerstandsfähig. Aus volkswirtschaftlicher Sicht besteht für die Währungshüter somit kein Handlungsdruck, mit baldigen Zinssenkungen die Konjunktur zu stützen. Das Ausmass der Zollwirkung auf die US-Inflation bleibt somit geldpolitisch das Zünglein an der Waage. Je stärker sich der zollbedingte Inflationsdruck in den kommenden Monaten aufbaut, desto länger dürfte die Fed an ihrem jetzigen Leitzinsniveau festhalten. Bleibt die Teuerung indes über den Sommer ähnlich zahm wie in den vergangenen Monaten, dann dürfte sich die Tür für eine Zinssenkung nach der Sommerpause ein gutes Stück weit öffnen. Ob die heutigen Gegenstimmen zugunsten einer Zinssenkung ein Fingerzeig in diese Richtung sind oder eher ein Bewerbungsstatement um die Nachfolge von Fed-Chef Powell im kommenden Jahr, wird sich zeigen.»

Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:

«Die Tür für Zinssenkung bleibt zu, auch wenn zwei Mitglieder des Gremiums sie gerne geöffnet hätten. Angesichts der Datenlage wäre eine Zinssenkung zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu begründen gewesen. Eine robuste US-Konjunktur und eine weiterhin grosse Unsicherheit über die Auswirkungen der US-Importzölle haben eine abwartende Haltung der Notenbank erwarten lassen. Die Notenbank kann sich durch die heutigen Daten zum Bruttoinlandsprodukt und zur Preisentwicklung in ihrer Einschätzung bestätigt sehen, dass die Inflation im weiteren Jahresverlauf leicht steigen wird und die höheren Zölle allmählich beim Verbraucher ankommen. Das spricht gegen Zinssenkungen.»

Thomas Altmann, Head of Portfoliomanagement, QC Partners:

«Wie erwartet lässt die Fed ihren Leitzins unverändert. Allerdings ändert sich das Stimmungsbild innerhalb der Fed. Während die letzte Zinsentscheidung noch einstimmig gefallen ist, gab es diesmal 2 Stimmen für eine sofortige Zinssenkung. Der Rückhalt für Jerome Powells Kurs nimmt damit auch innerhalb der Fed etwas ab. Interessant dabei ist, dass beide Abweichler von Donald Trump in seiner ersten Amtszeit vorgeschlagen wurden. Michelle Bowman arbeitet zudem als Vizepräsidentin der Fed. Christopher Waller zählt zum Kreis der möglichen Nachfolger für Jerome Powell. Von daher dürfen die heutigen Gegenstimmen durchaus als Bewerbung auf den Fed-Vorsitz angesehen werden.»

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(AWP)