Die Inflation in der Euro-Zone ist unter die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent gesunken. Im Mai fiel die Teuerungsrate auf 1,9 Prozent, nach 2,2 Prozent im April, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten hingegen mit 2,0 Prozent gerechnet. Sie sagten in ersten Reaktionen:
Jörg Krämer, Chefökonom Commerzbank:
«Es dürfte die EZB freuen, dass sich die Inflation wieder knapp unter ihrem Ziel von zwei Prozent befindet. Zwar liegt die Inflation ohne die stark schwankenden Preise für Energie, Nahrungs- und Genussmittel mit 2,3 Prozent noch etwas darüber. Aber sie dürfte in den kommenden Monaten weiter sinken. Denn der Euro hat aufgewertet, und China dürfte einen Teil der Waren, die es nicht mehr in den USA verkaufen kann, im Euro-Raum anbieten. Insofern wird die EZB ihre Leizinsen auf der Sitzung am Donnerstag wohl nicht zum letzten Mal senken. Wir erwarten nach der Sommerpause einen weiteren Zinsschritt.»
Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:
«Die Inflationsrate hat das EZB-Ziel erreicht. Dabei gilt der Blick vor allem der Kerninflationsrate, welche die hartnäckig hohe Teuerung im Dienstleistungssektor beinhaltet. Zwar lässt der Teuerungsdruck hierbei deutlich nach, doch der Anstieg der Dienstleistungspreise bleibt auch im Mai mit voraussichtlichen 3.2 Prozent noch auf einem relativ hohen Niveau. Gleichwohl ist der Rückgang hierbei durchaus beachtlich, schließlich stiegen die Dienstleistungspreise im Vormonat um 4 Prozent gegenüber dem April 2024. Die Kerninflationsrate fällt damit von 2,7 auf 2,3 Prozent im Mai. Die EZB hat für eine Zinssenkung in der kommenden Woche grünes Licht. Eine geldpolitische Lockerung um 25 Basispunkte bringt den Einlagensatz auf 2 Prozent. Damit dürften die Währungshüter zunächst ein erstes Zwischenziel erreicht haben. Ob es dann unmittelbar mit weiteren Zinssenkungen weitergeht, bleibt derweil fraglich. Würde die EZB den Einlagensatz unter die Marke von 2 Prozent senken, wäre der daraus resultierende reale Leitzins negativ. In Anbetracht der hartnäckig hohen Teuerung im Dienstleistungssektor würde die EZB damit zukünftige Inflationsgefahren riskieren. Es ist deshalb durchaus möglich, dass die EZB nach dem Erreichen eines zweiprozentigen Einlagensatzes zunächst eine Pause einlegen wird.»
(cash/Reuters)