Nach dem Ständerat stimmte am Mittwoch auch der Nationalrat den im Zusammenhang mit der Schengen-Weiterentwicklung erforderlichen Änderungen im Schweizer Recht zu. Er hiess die Vorlage mit 169 zu 15 Stimmen bei drei Enthaltungen gut.
Die kleine Kammer hatte sich bereits im März damit einverstanden erklärt. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Laut Bundesrat bleibt der Grundsatz bestehen, dass nur Schengen-Mitgliedstaaten Ausschreibungen im SIS vornehmen können. Will Europol eine Ausschreibung, muss die Polizeibehörde einen entsprechenden Vorschlag bei einem Schengen-Staat einreichen. Auf diesem Weg kann Europol Informationen aus Drittstaaten übermitteln.
In der Schweiz wird gemäss Entwurf das Bundesamt für Polizei (Fedpol) die erhaltenen Informationen prüfen. Erachtet es die Ausschreibung als notwendig und berechtigt, nimmt es eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) vor.
Die Vorlage enthält eine Liste von Straftaten, für die eine Ausschreibung zulässig ist. Massgebend ist eine drohende Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren, wie Justizminister Beat Jans ausführte. Aufgeführt sind neben Terrorismus Straftaten wie vorsätzliche Tötung, Menschenhandel sowie Drogenhandel. Europol sei oft die einzige Stelle, die über die entscheidenden Informationen verfüge, sagte Jans.
Es gehe um sehr schwere Straftaten, erklärte auch Priska Seiler-Graf (SP/ZH). Nehme man keine Vereinheitlichung vor, nütze dies nur den Schwerkriminellen. Eine Herausforderung sei allerdings gewesen, die Nomenklatur der EU bei den Delikten in Schweizer Recht zu «übersetzen».
Organisierte Kriminalität und Terrorismus machten vor Grenzen nicht halt, sagte Reto Nause (Mitte/BE). Die Vorlage diene der Sicherheit der Schweiz. Ähnlich äusserte sich Jacqueline de Quattro (FDP/VD). Die Bedrohung durch die organisierte Kriminalität nehme zu.
Die SVP kritisierte die Übernahme von EU-Recht, stimmte der Vorlage jedoch dennoch mehrheitlich zu. Jean-Luc Addor (SVP/VS) kritisierte, die Schweiz habe kaum Spielraum. Er äusserte Zweifel daran, dass es wirklich nur um Schwerkriminalität gehe. Zu einem gewissen Zeitpunkt sei sogar erwogen worden, den Kampf gegen Doping mit einzubeziehen.
Auch Balthasar Glättli (Grüne/ZH) unterstrich, das Bundesamt für Polizei dürfe nicht jede Anfrage eines Drittstaats blind durchwinken. Die Türkei beispielsweise nutze nicht-politische Delikte, um die Auslieferung von Oppositionellen aus dem Schengenraum zu erwirken.
(AWP)